Nicht einmal jede zweite Fünfzehnjährige ist vollständig gegen HPV geimpft

Die Impfquoten gegen das Humane Papillomavirus bei 15-Jährigen in Deutschland sind weit von den WHO-Empfehlungen entfernt. (Foto: © Kt Stock – stock.adobe.com)

Die Impfquoten gegen Humane Papillom-Viren (HPV) zeigen keine Fortschritte: Einer aktuellen Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zufolge lag die Impfquote bei AOK-Versicherten im dritten Quartal 2024 bei 15-jährigen Mädchen bundesweit bei nur 49,5 Prozent.

Damit ist der Wert knapp einen Prozentpunkt niedriger als im dritten Quartal 2023 (50,2 %) und liegt nur leicht über dem Niveau vor der Corona-Pandemie (2019: 45,3 %).

„Unsere Analysen zeigen erneut: Die Bundesrepublik ist noch sehr weit von dem erklärten Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entfernt, nach welchem bis 2030 mindestens 90 Prozent der 15-jährigen Mädchen gegen HPV geimpft sein sollen“, erklärte WIdO-Geschäftsführer Dr. David Scheller-Kreinsen. 

Da die Impfung besonders dann effektiven Schutz bietet, wenn sie vor dem ersten Geschlechtsverkehr erfolgt ist, sind die Impfquoten der 15-Jährigen besonders relevant. Für einen vollständigen Schutz sind in der Gruppe der neun- bis 15-Jährigen zwei Impfungen nötig. Eine verpasste Nachholimpfung ist auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen aber bis zum 18. Geburtstag möglich. Scheller-Kreinsen: „Wenn man nicht nur auf die WHO-Zielmarke der 15-jährigen vollständig Geimpften schaut, sondern den Blick etwas erweitert, fallen die Zahlen etwas positiver aus. Nimmt man die ‚nur einmal‘ Geimpften hinzu, betrachtet also jene Gruppe mit begonnenen und noch nicht abgeschlossenen Impfungen, liegt die Impfrate bei den 15-Jährigen immerhin bei 61 Prozent. Hier muss darauf hingearbeitet werden, dass bis zum 18. Lebensjahr noch Impfserien abgeschlossen beziehungsweise nachgeholt werden.“

Impfniveau bei Jungen weiterhin niedrig

Um Herdenimmunität in der Bevölkerung zu erreichen, wurde 2018 auch die HPV-Impfung für Jungen als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen eingeführt. Vollständig geimpft waren im dritten Quartal 2024 der WIdO-Auswertung zufolge jedoch nur 30 Prozent der Jungen, mindestens einmal geimpft waren immerhin 40 Prozent.

Entwicklung der Impfaktivität nicht ausreichend

Mit 49,5 Prozent liegt die Impfquote von Mädchen um 0,7 Prozentpunkte niedriger als im Vergleich mit dem dritten Quartal 2023 (50,2 %). Er liegt damit nur leicht über dem Niveau vor der Corona-Pandemie (2019: 45,3 %). Das liegt dem WIdO zufolge daran, dass jetzt Jahrgänge 15 Jahre alt werden, die während der Pandemie deutlich weniger Impfungen erhalten haben als die Jahrgänge vor der Pandemie.

„Im Gegensatz zur Impfquote bei 15-Jährigen beobachten wir bei der Anzahl der Impfungen insgesamt einen Anstieg auf das Niveau vor der Corona-Pandemie, während der es zu einem Einbruch in der Impfaktivität insgesamt gekommen ist. Diese aktuelle Entwicklung der Impfaktivität wirkt sich aber weniger auf vergangene Kohorten 15-Jähriger aus, sondern stärker auf die kommenden. Und obwohl sich die Impfaktivität wieder dem Niveau vor Corona annähert und sich auch die Impfquote entsprechend entwickeln wird, ist das nicht ausreichend, um dem WHO-Ziel deutlich näher zu kommen“, befürchtet Scheller-Kreinsen.

Die Impfempfehlung für Jungen führte ab 2019 zunächst zu einem Anstieg der Impfquote. So stieg diese von 2019 bis 2024 von 3,2 Prozent auf 30 Prozent. Jedoch ist auch bei den Jungen die Impfaktivität während der Corona-Pandemie deutlich eingebrochen und erholt sich erst langsam wieder.

Erhebliche Varianz zwischen den Bundesländern

Die WIdO-Auswertung zeigt zudem, wie stark die Impfquoten auf Ebene der Bundesländer variieren. So waren in Bremen im dritten Quartal 2024 nur 32,9 Prozent der 15-jährigen Mädchen vollständig gegen HPV geimpft, während in Sachsen-Anhalt die Quote mit 65,7 Prozent nahezu doppelt so hoch war. Scheller-Kreinsen: „Insgesamt zeigt sich, dass die Impfquoten in den östlichen Bundesländern (ohne Berlin) mit mindestens 60 Prozent deutlich höher sind als in den westlichen. Hier liegt die Impfquote im Schnitt bei nur 47 Prozent.“

Anteil vollständig gegen HPV geimpfter 15-jähriger, 3. Quartal 2024 | Quelle: © WIdO | Wissenschaftliches Institut der AOK)

Bei der Entwicklung der Impfquoten für Mädchen zwischen 2019 und 2024 unterscheiden sich die Bundesländer ebenfalls deutlich. Besonders hoch war der Rückgang der Impfquote im Saarland (-2 Prozentpunkte), während in Brandenburg ein deutlicher Anstieg verzeichnet wurde (+10 Prozentpunkte).

Bei den Jungen fällt die Entwicklung der Impfquote in den Bundesländern ebenfalls sehr heterogen aus. Während die Impfquote in Sachsen-Anhalt zwischen 2019 und 2024 von sieben Prozent auf 47 Prozent stieg, hat sie im gleichen Zeitraum in Bremen nur von einem Prozent auf 18 Prozent zugenommen.

Auch europäischer Vergleich zeigt Potenzial auf

Im europäischen Vergleich schneidet Deutschland 2023 mit dem 19. Platz eher schlecht ab. Die vorderen Plätze mit einer vollständigen HPV-Impfung bei 15-jährigen Mädchen wurden 2023 von Island, Norwegen, Portugal, Spanien und Schweden mit einer Impfquote von 96 bis 85 Prozent erreicht. „Sowohl die Varianz in Europa wie auch innerhalb Deutschlands zeigt, dass für HPV-Impfungen als Präventionsmaßnahme noch viel Luft nach oben ist“, betont Scheller-Kreinsen.