DGA appelliert: Nicht nur bei Hodentumoren an den Fertilitätserhalt denken16. Juni 2023 Prof. Kliesch appelliert: „Frühzeitige Aufklärung über die Möglichkeiten der Fertilitätsprotektion muss alle in der Gesellschaft erreichen. Foto: e/DGA Es gibt viele Gründe, warum die Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen und von Eierstock- oder Hodengewebe bisher längst nicht alle Patienten erreicht. Die Deutsche Gesellschaft für Andrologie e.V. (DGA) setzt sich für mehr Aufklärung der Öffentlichkeit, aber auch von Ärztinnen und Ärzten, ein und verweist auf die Leitlinie zum Fertilitätserhalt bei onkologischen Erkrankungen, die Betroffenen und Behandlern konkrete Orientierungshilfe bietet. Die wissenschaftliche Fachgesellschaft der Andrologen, die im Rahmen der Reproduktionsmedizin die Fruchtbarkeitsstörungen aufseiten des Mannes erforschen und behandeln, will der Fertilitätsprotektion in ihrer ganzen Bandbreite mehr Aufmerksamkeit verschaffen. „Im Falle einer Krebserkrankung tritt der Gedanke an einen späteren Kinderwunsch oft in den Hintergrund. Besonders für betroffene Kinder und Jugendliche sowie junge Krebspatienten zwischen 18 und 39 Jahren, die heute zu 80 Prozent geheilt werden können, bedeutet das eine verpasste Chance auf ein normales Leben mit der Aussicht auf eine eigene Familie“, so DGA-Pressesprecher Dr. Christian Leiber-Caspers. „Bei Hodentumoren ist das Bewusstsein für den notwendigen Fertilitätserhalt eher vorhanden. Tatsächlich bergen Operation, Chemotherapie oder Bestrahlung auch bei zahlreichen anderen Krebserkrankungen ein hohes Risiko für die Spermienqualität oder die Erektionsfähigkeit und können zeugungsunfähig machen“, erklärt Leiber-Caspers. Fertilitätserhaltende Maßnahmen sollten deshalb wann immer möglich vor dem Beginn der Krebstherapie ergriffen werden. Beim Mann geht es vorrangig um die Kryokonservierung, also das Einfrieren und Lagern, von Spermien, die aus dem Ejakulat oder mithilfe der testikulären Spermienextraktion aus dem Hodengewebe gewonnen werden. Neben Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter und Hodentumoren, die vor allem junge Männer betreffen, bedroht die Behandlung von Prostata-, Blasen- oder Peniskarzinom die Fruchtbarkeit der Patienten. Trotz des höheren Erkrankungsalters kann auch bei diesen Männern der Wunsch nach Fertilitätsprotektion bestehen. Ebenso kann die Behandlung von Anal- und Rektumkarzinomen (Darmkrebs), von Blutkrebs, Lymphdrüsenkrebs (Hodgkin- und Non- Hodgkin-Lymphomen) zu Unfruchtbarkeit führen. „Konkrete Handlungsempfehlungen für die Beratung und Anwendung von fertilitätserhaltenden Maßnahmen bei Präpubertären und Patienten im reproduktiven Alter, die sich einer keimzellschädigenden Behandlung unterziehen müssen, bietet die Leitlinie zum Fertilitätserhalt bei onkologischen Erkrankungen“, sagt DGA-Präsidentin Prof. Dr. med. Sabine Kliesch. Sie ist Ko-Koordinatorin der interdisziplinären Leitlinie, die derzeit aktualisiert und in Kürze neu aufgelegt wird. Wenig bekannt: Auch die Behandlung gutartiger Erkrankungen kann die Fruchtbarkeit bedrohen „Auch die Behandlung gutartiger Erkrankungen, wie rheumatoide Arthritis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder auch eine Organtransplantation, kann aufgrund der angewandten und potenziell keimzellschädigenden Medikamente zu einer Fertilitätseinschränkung führen“, betont die Chefärztin für Klinische und Operative Andrologie am Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie, Universitätsklinikum Münster. Sie appelliert: „Frühzeitige Aufklärung über die Möglichkeiten der Fertilitätsprotektion muss, angefangen bei Kindern und Jugendlichen, alle in der Gesellschaft erreichen und im Falle einer Erkrankung zum Standard bei der Therapieplanung und -beratung gehören“. Lage in Deutschland Krankenkassen müssen die Kosten für die Kryokonservierung und Lagerung von Spermien, Hodengewebe und Eizellen erst seit 2021 übernehmen. Die vom Patienten über Jahre selbst zu tragenden Kosten habe auch, laut Kliesch, den breiten Einsatz fruchtbarkeitserhaltender Maßnahmen bisher verhindert. Ab Juli 2023 soll zudem die Kostenübername für die Kryokonservierung von Eierstockgewebe für Frauen ab der ersten Regelblutung erfolgen. „Aber die Kinder und Jugendlichen, die die Pubertät noch nicht durchlaufen haben, sind von den Fortschritten in der Medizin auch 2023 noch ausgeschlossen. Wer heute nichts einfriert, wird es morgen nicht nutzen können, es sei denn, er trägt die Kosten und Folgekosten selbst. Dies ist gerade für Tumorpatienten im Kindesalter bitter, denn die Kryokonservierung von kindlichen Stammzellen im Hoden und unreifen Eizellen sind existierende experimentelle Verfahren, die langfristig in die Klinik überführt werden“, kritisiert die DGA-Präsidentin.
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