Nicht-Zöliakie-Gluten-/Weizensensitivität: Eine von zehn Personen ohne diagnostizierte Zöliakie oder Weizenallergie ist betroffen

Blähungen, abdominales Unwohlsein und Schmerzen sind die häufigsten Beschwerden bei Nicht-Zöliakie-Gluten-/Weizensensitivität. (Foto: © Inspire Shots Hub/stock.adobe.com)

Frauen und Menschen mit Reizdarmsyndrom, Angsterkrankung oder Depression berichten häufiger über eine Sensitivität gegenüber Weizen oder Gluten, ohne dass eine Zöliakie festgestellt worden ist.

Etwa eine von zehn Personen weltweit berichtet von gastrointestinalen oder anderen Symptomen wie Fatigue und Kopfschmerzen, wenn sie gluten- oder weizenhaltige Lebensmittel zu sich genommen haben – auch wenn bei ihnen keine Gluten- oder Weizenunverträglichkeit diagnostiziert worden ist.

Das ist das Ergebnis eines großen systematischen Reviews mit Metaanalyse in der Zeitschrift „Gut“.

Noch keine klare Ursache, keine Biomarker

Die Symptome einer Nicht-Zöliakie-Gluten-/Weizensensitivität (NCGWS) bessern sich tendenziell, wenn Glut oder Weizen gemieden wird, und treten erneut auf, wenn wieder entsprechende Nahrungsmittel verzehrt werden.

Im Gegensatz zu einer Zöliakie und Weizenallergie sind die der NCGWS zugrunde liegenden Prozesse noch nicht geklärt. Auch gibt es keine damit spezifisch assoziierten Biomarker im Blut, was die Diagnose schwierig macht.

Derzeit wird eine NCGWS bei Personen mit entsprechenden Symptomen durch den Ausschluss einer Zöliakie oder Weizenallergie festgestellt. Über Prävalenz und die klinischen Merkmale bei Erstvorstellung der Patienten ist wenig bekannt.

Auswertung von 25 Studien zu Patienten aus 16 Ländern

Um in dieser Hinsicht weiterzukommen, führten die Verfasser der aktuellen Arbeit eine Literaturrecherche durch: Darin eingeschlossen wurden alle Studien aus dem Publikationszeitraum 2014–2024, die sich mit der Prävalenz einer von Patienten aus der Allgemeinbevölkerung selbst angegebenen NCGWS beschäftigten.

Die Forschenden identifizierten 25 solcher Arbeiten, die insgesamt 49.476 Personen aus 16 Ländern umfassten und die Einschlusskriterien erfüllten. Die Daten zu diesen Betroffenen wurden zusammengefasst und ausgewertet.

Herkunftsland macht einen Unterschied bei der NCGWS aus

Die Analyse ergab eine Gesamtprävalenz einer NCGWS von 10,3 Prozent – allerdings mit Unterschieden zwischen den Herkunftsländern der Studienteilnehmer. Die errechneten Prävalenzen reichten von 0,7 Prozent in Chile über 23 Prozent in Großbritannien bis zu 36 Prozent in Saudi-Arabien.

Auch zeigten die Daten, dass vier von zehn Betroffenen mit NCGWS sich glutenfrei ernährten, um gastrointestinale und andere belastende Symptome zu vermeiden – häufig auch ohne eine formale Anweisung ihres Arztes beziehungsweise ohne Diagnose.

Darstellung häufiger Symptome

Die Symptome, die die betroffenen Personen am häufigsten angaben, waren Blähungen (71%), abdominales Unwohlsein (46%) und Schmerzen (36%) sowie Fatigue (32%). Auch Diarrhoe, Obstipation, Kopf- und Gelenkschmerzen wurden genannt.

Zudem stellten die Autoren des Reviews fest, dass signifikant mehr Frauen von einer NCGWS berichteten, ebenso wie Personen mit Angsterkrankungen, Depression und Reizdarmsyndrom.

Schwächen der Studie: unter anderem Selbstauskunft

Die Autoren des Reviews räumen ein, dass ihre Untersuchung einige Schwächen hat – und nicht nur die, dass sich dabei auf Angaben der Betroffenen selbst verlassen wurde. Zudem waren einige der Autoren der Metaanalyse an Studien, die darin eingeschlossen worden waren, beteiligt gewesen.

Die Verfasser weisen auch darauf hin, dass sich die erheblichen Unterschiede in der NCGWS-Prävalenz zwischen den ausgewerteten Arbeiten durch Regressionsanalysen nicht vollständig erklären ließen. Die Review-Autoren vermuten, dass diese Prävalenzunterschiede eine Variabilität von Diagnosekriterien und verfälschenden Faktoren widerspiegeln könnten. Es könne sich aber auch um tatsächliche Unterschiede zwischen den Ländern handeln.

Störung der Darm-Hirn-Achse

Die NCGWS müsse im Rahmen von Störungen der Darm-Hirn-Achse betrachtet werden, erklären die Verfasser der Metaanalyse. Auch sehen sie die Notwendigkeit symptombasierte Diagnosekriterien zu erstellen, „um zu einem besser auf die Betroffenen zugeschnittenen Behandlungsansatz zu kommen, der individuelle Symptommuster und Ernährungs-Trigger über Gluten hinaus in den Mittelpunkt stellt“. Ziel müsse es sein, unnötige Einschränkungen der Ernährung seitens der Patienten bei diesem häufigen Leiden zu vermeiden.

(ac/BIERMANN)