Ösophagusatresie: Eine Handvoll Gene beeinflusst den angeborenen Speiseröhrenverschluss14. Februar 2022 Ann-Sophie Giel und Johannes Schumacher aus der Humangenetik der Philipps-Universität Marburg erforschten die genetische Grundlage für eine Fehlbildung des Verdauungstrakts. (Foto: © Dr. Karsten Haug) Eine großangelegte Studie aus der Marburger Humangenetik hat die genetische Basis für eine Fehlbildung der Speiseröhre offengelegt. Wer an einer Ösophagusatresie leidet, weist mit erhöhter Wahrscheinlichkeit an drei Genorten Auffälligkeiten auf, die mit der Fehlbildung in Zusammenhang stehen. Ein Speiseröhrenverschluss ist die häufigste angeborene Fehlbildung des oberen Verdauungstraktes. Sie tritt bei Neugeborenen auf; häufig geht sie mit weiteren Fehlbildungen einher. „Verglichen mit dem Rest der Bevölkerung, weisen Kinder von Betroffenen ein 80-mal höheres Risiko auf, ebenfalls eine unterbrochene Speiseröhre auszuprägen“, erklärt der Humangenetiker Prof. Johannes Schumacher von der Philipps-Universität Marburg, der die Studie gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Heiko Reutter vom Universitätsklinikum Erlangen leitete. Welche Gene sind für die erbliche Vorbelastung verantwortlich? Um das Feld der Kandidaten einzugrenzen, nutzten die Forscherinnen und Forscher Single Nucleotide Polymorphims (SNPs). Es kommt zwar von Generation zu Generation immer wieder zum Austausch von Chromosomenabschnitten, aber je näher zwei Stellen auf der DNA beieinander liegen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie mit der Zeit getrennt werden. „Finden sich bei Personen mit einem Speiseröhrenverschluss gehäuft dieselben SNPs an bestimmten Stellen auf den Chromosomen, so liegen dort Gene, die für die Ausprägung des Defekts von Belang sind“, erläutert Koautorin Ann-Sophie Giel aus Schumachers Arbeitsgruppe. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhoben Daten von 764 Betroffenen und verglichen sie zur Kontrolle mit denen von 5.778 Gesunden. „An der Ausprägung eines Speiseröhrenverschlusses sind weniger Gene beteiligt als an anderen komplexen genetischen Krankheiten“, berichtet Mitverfasser Jan Gehlen, der seine Doktorarbeit in Johannes Schumachers Arbeitsgruppe anfertigt. Das Team identifizierte drei Genkandidaten, deren Funktionen es im Tiermodell überprüfte. Die Ergebnisse der Forschungsgruppe deuten darauf hin, dass die drei gefundenen Gene tatsächlich die Speiseröhrenentwicklung beeinflussen. „Dies ist die erste Studie, die den gesamten Genbestand des Menschen untersucht hat, um SNPs oder Stellen auf den Chromosomen zu finden, die mit der Fehlbildung in Zusammenhang stehen“, legt Koautor Reutter dar. Die Autorinnen und Autoren regen weitere Studien an, um die Mechanismen genauer zu erforschen, die der Fehlbildung zugrunde liegen. Neben den Teams in Erlangen und Marburg beteiligten sich zahlreiche deutsche, europäische und US-amerikanische Universitäten und Forschungseinrichtungen an der Studie. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Else Kröner-Fresenius-Stiftung, die Deutsche Krebshilfe sowie das LOEWE-Zentrum für Zell- und Gentherapie unterstützten die wissenschaftliche Arbeit finanziell.
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