Operationen führen in Deutschland nur selten zu einer langfristigen Opioid-Einnahme21. Oktober 2024 Eine Studie aus Jena zeigt, dass Operationen in Deutschland selten zu einer langfristigen Opioid-Einnahme führen. (Foto: © Anna Schroll/UKJ) Eine Forschungsgruppe unter Leitung des Universitätsklinikums Jena hat untersucht, ob Operationen eine längerfristige Opioideinnahme auslösen können und ob bestimmte Eingriffe dazu besonders beitragen. Macht eine postoperative Schmerztherapie mit Opioiden süchtig? In den USA und einigen anderen Ländern der Welt, die mit massivem Opioid-Fehlgebrauch zu kämpfen haben, wird dies vermutet und hat bereits zu der Empfehlung geführt, auf dieses Schmerzmittel während und nach Narkosen zu verzichten. Auch in Deutschland ist der Gesamt-Opioidverbrauch seit Jahren relativ hoch. Für die Studie analysierten die Forschenden die Daten von allen im Jahr 2018 operierten Versicherten der Barmer-Krankenkasse, ob in den beiden Quartalen nach einer Operation eine Opioidverschreibung erfolgte. Um den Einfluss von Operation, Narkose und postoperativer Schmerztherapie als mögliche Auslöser für eine langfristige Opioideinnahme untersuchen zu können, wurden Menschen mit Krebserkrankungen beziehungsweise einer vorbestehenden Opioideinnahme von der Analyse ausgeschlossen. Die gute Nachricht: Bei allen mehr als 200.000 operierten Patientinnen und Patienten wurden sechs Monate nach der Operation nur 1,4 Prozent derartige Schmerzmittel verschrieben. „Diese Zahl ist in Nordamerika drei- bis viermal höher“, betont Johannes Dreiling, Erstautor der Studie aus Jena. Die Studie verglich jedoch auch erstmals detailliert Unterschiede zwischen einzelnen Operationen – mit teils erstaunlichen Ergebnissen. So lag nach Wirbelsäulen-, Schulter- und Sprunggelenksoperationen sowie Gelenkersatz-Wiederholungseingriffen der langfristige Opioidkonsum um den Faktor 3 bis 7 höher als der Durchschnitt. Absoluter „Spitzenreiter“ waren jedoch Amputationen, nach denen circa 15 bis 20 Prozent der Betroffenen längere Zeit Opioide verschrieben bekamen. Ursula Marschall, Leiterin Versorgungsforschung der Barmer: „Diese Ergebnisse deuten an, dass Opioide nach Operationen nicht generell verdammt werden sollten, zumal sie weniger organschädigende Wirkungen haben als viele andere Schmerzmittel. Aber nach bestimmten Operationen müssen wir Patientinnen und Patienten enger als bisher betreuen und begleiten, um Schmerz- und Medikationsprobleme sowie eine möglicherweise beginnende Abhängigkeit rechtzeitig zu erkennen und konsequent zu behandeln.“ Neben der Operation konnten in der Studie noch weitere Risikofaktoren für einen längerfristigen Opioidgebrauch identifiziert werden. Dazu gehören eine Verschreibung von Antidepressiva und anderen Schmerzmitteln bereits vor der Operation, Alkoholmissbrauch sowie vorbestehende chronische Schmerzen. „Unsere Arbeit belegt erneut, welches Potenzial, aber auch welche Limitationen Auswertungen von Routine- und Registerdaten haben. So können Krankenkassendaten sehr exakte Angaben zur Medikamentenverschreibung liefern. Es ist jedoch schwierig herauszufinden, warum diese Medikamente eingenommen wurden. Daher können wir nicht genau erkennen, bei welchen Menschen die Opioideinnahme gerechtfertigt war. Die Analyse von Krankenkassendaten wird aber auch in Zukunft ein wichtiger Baustein der Versorgungsforschung sein“, resümiert Letztautor Daniel Schwarzkopf. Die Studie ist im Rahmen des Projektes LOPSTER entstanden, das vom Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gefördert wurde.
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