Osteoarthritis: Neuer Therapieansatz gegen Knorpelabbau7. Januar 2019 Sechs Tage nach der Therapie mit IGF-1, transporteriert mittels der Dendrimer- Nanopartikel (blau): Die Partikel haben das Knorpelgewebe durchdrungen. Quelle: Brett Geiger and Jeff Wyckoff. US-amerikanische Forscher haben ein neues Material entwickelt, das Medikamente gegen Osteoarthritis direkt in den Knorpel transportieren kann, indem es tief in das Knorpelgewebe eindringt. „Es ist ein Weg, um direkt zu den geschädigten Zellen zu gelangen“, erklärt Seniorautorin Paula Hammond Leiterin der Abteilung Chemical Engineering am Massachusetts Institut of Technologie (MIT). So sei es möglich verschiedene Therapeutika einzubringen, die auf die Zellen einzuwirken. In einer Studie an Ratten konnten die Forscher zeigen, dass ein experimentelles Medikament – der Insulin-like-growth-Faktor 1 (IGF-1) –, das mit dem neuen Material transportiert wurde, den Knorpelabbau sehr viel effektiver verhindern konnte, als die direkte Injektion von IGF-1 in das Gelenk. Besserer Transport Sobald das Knorpelgewebe einmal geschädigt ist, lässt sich der Knorpel schwer ersetzten. Frühere Studien konnten zeigen, dass IGF-1 die Knorpelregeneration im Tiermodell unterstützt. Allerdings gab es in der Vergangenheit einige im Tierversuch vielversprechende Medikamente, die die Erwartungen in klinischen Studien nicht erfüllten. Das Forscherteam am MIT vermutete als Grund, dass Medikamente nicht lange genug im Gelenk verblieben, um die tieferen Schichten von Chondrozyten zu erreichen, die das eigentliche Ziel waren. Die Lösung, um dieses Hindernis zu überwinden, sollte ein Material sein, das den Knorpel vollständig durchdringen kann. Die Forscher haben ein kugelförmiges Molekül entwickelt. Es verfügt über viele verästelte Strukturen – sogenannte Dendrimere –, die von einem zentralen Kern abzweigen. Die Spitze jeder Verästelung ist positiv geladen. So können die Moleküle an das Knorpelgewebe binden. Einige der Ladungen können durch das kurze, hydrophiles Polymer PEG ersetzt werden. Dieses kann die positiven Ladungen an der Oberfläche zum Teil abdecken. Auch IGF-1 Moleküle sind an die Oberfläche gebunden. Werden die Nanopartikel in das Gelenk injiziert, ummanteln sie zunächst die Knorpeloberfläche. Dann beginnen sie das Gewebe zu durchdringen. Das ist für die Partikel einfacher möglich als für IGF-1 allein, weil die positiven Ladungen eine Bindung an das Knorpelgewebe erlauben. Das verhindert, dass IGF-1 ausgewaschen wird. Die geladenen Partikel binden aber nicht dauerhaft. Dank der flexiblen PEG-Moleküle an der Oberfläche, die die Ladungen auf- und abdecken, können sich die Partikel immer wieder kurzeitig vom Knorpel lösen: So können sie tiefer in das Gewebe eindringen. „Wir haben die optimale Spanne für die positive Ladung gefunden, sodass das Material an das Gewebe binden und sich für die weitere Diffusion wieder lösen kann. Die Ladung ist nicht so stark, dass die Partikel an der Oberfläche haften“, erklärt Brett Geiger, Erstautor der Studie. Sobald die Partikel die Chondrozyten erreichen, binden die IGF-1 binden sie an die Rezeptoren auf der Zelloberfläche und regen die Zellen an die Knorpelbausteine Proteoglykane zu produzieren. Darüber hinaus unterstützt IGF-1 das Zellwachstum und beugt dem Zelltod vor. Gelenk-Reparatur Als die Forscher die Partikel in die Kniegelenke von Ratten injizierten zeigte sich, dass das Material eine Halbwertszeit von etwa vier Tagen hat. Das ist zehnmal so lange wie direkt injizierter IGF-1. Die Konzentration des Medikaments im Gelenk blieb über 30 Tage hoch genug, um einen therapeutischen Effekt zu haben. Das Fazit der Studienautoren: Wenn sich diese Effekte auch beim Menschen bestätigen lassen, könnten die Patienten stark von Injektionen einmal im Monat oder alles zwei Wochen profitieren. In ihren Tierstudien konnten die Forscher belegen, dass die Gelenke, die mit dem Nanopartikel-Medikament behandelt wurden, weit weniger geschädigt waren als unbehandelte Gelenke oder nur mit IGF-1 behandelte Gelenke. Außerdem zeigten sich in den mit den Nanopartikeln therapierten Gelenken verminderte Entzündungsreaktionen und reduzierte Knochenspornbildung. Die Knorpelschicht in Ratten ist etwa 100 Mikrometer dick. Die Wissenschaftler konnten jedoch zeigen, dass die Partikel Knorpelstücke bis zu 1 Millimeter Durchmesser durchdringen konnten, was der Dicke des menschlichen Knorpels entspricht. „Das ist wirklich sehr schwierig, weil Medikamente normalerweise abtransportiert werden, bevor sie so tief in den Knorpel eindringen können“, sagt Geiger. Bei der Übertragung der Technologie von Ratten zu größeren Tieren und eines Tages zum Menschen, hänge der Erfolgie davon ab, auch in dickeren Knorpelschichten zu funktionieren, so Geiger weiter. Die Forscher haben die Nanopartikel als Therapieoption für Osteoarthritis nach einem Trauma entwickelt. Sie gehen aber davon aus, dass das Material an die Therapie für altersbedingte Osteoarthritis angepasst werden kann. In weiteren Studien wollen sie untersuchen, inwieweit der Transport anderer Medikamententypen möglich ist – etwa anderer Wachstumsfaktoren, Zytokinhemmer oder Nukleinsäuren wie DNA oder RNA.
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