Pädiatrische Appendizitis: Eine Operation ist langfristig die bessere Lösung6. Februar 2025 Die operative Entfernung des Blinddarmfortsatzes gilt als Standardtherapie der unkomplizierten pädiatrischen Appendizitis. (Foto: © Pixel-Shot – stock.adobe.com) Eine in „The Lancet“ veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass bei Kindern mit unkomplizierter Blinddarmentzündung die operative Entfernung des entzündeten Blinddarms der alleinigen Gabe von Antibiotika vorzuziehen ist. Denn ein Drittel der nur mit Antibiotika behandelten Kinder musste innerhalb eines Jahres trotzdem operiert werden. Kinder sind besonders gefährdet, an einer Blinddarmentzündung zu erkranken. Damit ist die Appendizitis eine der häufigsten chirurgischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Im Jahr 2021 wurde in Deutschland bei gut 23.000 Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 20 Jahren der Blinddarmfortsatz entfernt. Knapp 11.500 dieser Eingriffe entfielen auf die Altersgruppe der Fünf- bis 15-Jährigen. Unterschiede bei der Appendizitis von Erwachsenen und Kindern Im Vergleich zu Erwachsenen gibt es einige Unterschiede: „Die Diagnose bei Kindern ist klinisch nicht einfach zu stellen, weil sie ihre Beschwerden oft nicht genau beschreiben können und diese auch unspezifisch sind“ erklärt Prof. Udo Rolle, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main und stellvertretender Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie (DGKJCH). Das kann dazu führen, dass der Blinddarm unnötig entfernt wird oder dass er durchbricht. Dann drohen Komplikationen wie eine Bauchhöhlenvereiterung. Seit mehr als 100 Jahren gilt die Appendektomie als Standardtherapie. In den letzten Jahren wird jedoch zunehmend diskutiert, ob eine Behandlung mit Antibiotika nicht eine schonendere und vor allem ausreichende Alternative sein könnte. Internationale klinische Studie vergleicht OP mit reiner Antibiotikatherapie Um diese Frage wissenschaftlich zu klären, führte ein Forscherteam eine internationale, multizentrische, randomisierte Studie durch. Ziel war es, zu untersuchen, ob die Behandlung mit Antibiotika gegenüber der Operation gleichwertig ist. In die Studie wurden 936 Kinder und Jugendliche im Alter von fünf bis 16 Jahren mit klinisch diagnostizierter, unkomplizierter, nicht durchgebrochener (perforierter) Appendizitis aufgenommen. Sie wurden zufällig einer von zwei Gruppen zugeteilt: Bei der einen Hälfte wurde der entzündete Blinddarm sofort entfernt, während die andere Gruppe mit Antibiotika behandelt wurde. Die Antibiotikabehandlung umfasste eine mindestens zwölfstündige intravenöse Gabe im Krankenhaus, gefolgt von einer oralen Einnahme über zehn Tage. Der primäre Endpunkt war die Rate des „Therapieversagens“ innerhalb eines Jahres. In der Antibiotika-Gruppe wurde ein „Therapieversagen“ definiert als die Notwendigkeit einer Operation. In der operierten Gruppe wurde die Entfernung eines gesunden, nichtentzündeten Wurmfortsatzes als „Therapieversagen” gewertet. Ein Drittel der Patienten muss nach Antibiotikatherapie trotzdem operiert werden Die Studie zeigte, dass 34 Prozent der Kinder in der Antibiotikagruppe innerhalb eines Jahres doch operiert werden mussten. In der Gruppe der operierten Kinder lag die Versagensrate (negative Appendektomie) dagegen bei nur sieben Prozent. Das bedeutet eine Differenz von 26,7 Prozent zugunsten der Operation. Darüber hinaus war das Risiko für leichte bis mittelschwere Nebenwirkungen in der Antibiotikagruppe 4,3-mal höher als in der operierten Gruppe. Dazu gehörten vor allem Magen-Darm-Beschwerden. Schwere Nebenwirkungen oder Todesfälle traten in keiner der beiden Gruppen auf. Ein Vorteil der Antibiotikabehandlung war eine schnellere Rückkehr zur Normalität: Kinder in dieser Gruppe konnten früher wieder zur Schule gehen und benötigten seltener Schmerzmittel. Das Risiko eines routinemäßigen Eingriffs ist geringer „Eine konservative Antibiotikatherapie ist bei Kindern und Jugendlichen nicht besser, auch wenn diese inzwischen in allen Altersgruppen zunehmend praktiziert wird“, erklärt Rolle. Das Risiko eines routinemäßigen Eingriffs sei dagegen deutlich geringer. „Die Ergebnisse der Studie sprechen eindeutig dafür, dass die Antibiotikatherapie der Blinddarmoperation unterlegen ist“, fasst der Kinderchirurg zusammen. Zwar biete sie kurzfristig eine weniger invasive Alternative, aber die hohe Versagerrate zeige, dass viele Patienten letztlich doch operiert werden müssten. „Wir schließen daraus, dass Antibiotika allein für die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen mit unkomplizierter Appendizitis keine langfristig sichere Option darstellen.“ Diese Ergebnisse seien eine wertvolle Grundlage für die Entscheidungsfindung von Ärztinnen und Ärzten, Eltern und Familien, erklärte Rolle im Vorfeld des 142. Deutschen Chirurgie-Kongresses (DCK 2025) vom 26. bis 28. März 2025 in München.
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