Pankreaskarzinomrisiko: Forschung liefert neue Erkenntnisse zur Rolle von Bakterien

Pankreaskarzinom (Abbildung: © SciePro/stock.adobe.com)

Bakterien aus dem Verdauungstrakt scheinen das Potenzial zu haben, Pankreaszellen zu schädigen und das Risiko für maligne Tumore zu erhöhen.

Forschende des Karolinska Institutet in Schweden haben nach eigenen Angaben erstmals lebende Bakterien aus zystischen Pankreasläsionen, die Vorläufer von Bauchspeicheldrüsenkrebs sind, analysiert. Die Ergebnisse der in „Gut Microbes“ veröffentlichten Studie könnten zu prophylaktischen Interventionen mit lokalen Antibiotika führen, glauben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Zystische Läsionen, einschließlich intraduktaler papillärer muzinöser Neoplasien (IPMNs), der Bauchspeicheldrüse sind häufig. Da sie als Vorläufer von Bauchspeicheldrüsenkrebs gelten, ist bei vielen Betroffenen eine regelmäßige, lebenslange Kontrolle wichtig, bei manchen kann auch eine Operation erforderlich sein. Kenntnisse über Risikofaktoren, die mit einer Krebserkrankung in Zusammenhang stehen, wären sowohl für die Patientinnen und Patienten als auch für das Gesundheitswesen von großer Bedeutung.

Senkung der Wirkung von Zytostatika

Der Zusammenhang zwischen IPMNs und Bauchspeicheldrüsenkrebs ist noch nicht vollständig aufgeklärt, doch ältere Studien deuten darauf hin, dass das Vorhandensein von Bakterien aus dem Mundraum in der Bauchspeicheldrüse ein Maß für den Schweregrad der IPMN-Läsion sein könnte.

Die Forschenden des Karolinska Institutet bauten nun auf ihren bisherigen Ergebnissen auf und konnten durch den Einsatz moderner Kultivierungsmethoden und einer neuartigen Proteomik-Technik lebende Pankreasbakterien gewissermaßen einfangen und im Labor untersuchen. In ihrer neuen Studie analysierten sie Flüssigkeit aus Pankreaszysten von 29 Personen, die zwischen 2018 und 2019 wegen zystischer Pankreastumoren operiert worden waren.

Die Ergebnisse zeigten eine Überrepräsentation von Gammaproteobakterien und Bacilli. Diese Bakterien befinden sich auch normalerweise im Verdauungstrakt. Es wurde bereits gezeigt, dass sie die Resistenz gegenüber Krebsmedikamenten fördern. So stören sie die Wirkung des bei Bauchspeicheldrüsenkrebs eingesetzten Zytostatikums Gemcitabin. Die Studie ergab, dass diese Bakterien in IPMNs vorhanden und in 24 Prozent der Fälle kultivierbar waren.

Erstes Stadium der Läsionen

Bei weiteren Untersuchungen im Labor fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heraus, dass viele dieser Bakterien die Bauchspeicheldrüsenzellen infizieren und sich sogar darin verstecken könnten – mit negativen Folgen.

„Einige Bakterien könnten Brüche in Doppelstrang-DNA verursachen, die als erster Schritt hin zu Zellläsion und Krebs angesehen werden“, erklärt Margaret Sällberg Chen, Professorin an der Abteilung für Zahnmedizin des Karolinska Institutet. „Wir stellten auch fest, dass Antibiotika die DNA-Schäden verhindern können. Unsere Ergebnisse bestätigen nicht nur, dass Bakterien eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Krebs spielen – sie zeigen auch neue Wege auf, um den Prozess zu bekämpfen.“

Die Frage, wie Bakterien aus dem Verdauungstrakt in die Bauchspeicheldrüse gelangen, um sich dann in deren Zellen zu verstecken, muss noch beantwortet werden. „Unter normalen Umständen ist der Gang vom Darm zur Bauchspeicheldrüse verschlossen, aber bei einer Entzündung oder Verletzung können die Bakterien vielleicht durchschlüpfen“, sagt Volkan Özenci, Oberarzt und außerordentlicher Professor an der Abteilung für Laboratoriumsmedizin am Karolinska Institut. „Die Bakterien sind wahrscheinlich durch diesen Gang aus der Mundhöhle und dem Magen-Darm-Trakt in die Bauchspeicheldrüse gewandert. Einige Bakterien können sich auch in menschlichen Zellen wie weißen Blutkörperchen verstecken und mithilfe dieser Zellen in die Bauchspeicheldrüse gelangen.

Laut der Arbeitsgruppe lassen sich diese Erkenntnisse möglicherweise in klinische Anwendungen umsetzen. „Es wäre zum Beispiel relevant, Patienten mit IPMNs auf diese Art von Bakterien untersuchen zu können“, sagt der Co-Erstautor der Studie, Dr. Asif Halimi, Chirurg und Doktorand am Department of Clinical Science, Intervention and Technologie des Karolinska Institutet. „Wir haben die Möglichkeit diskutiert, eine lokale Antibiotikatherapie in Verbindung mit beispielsweise einer endoskopischen Untersuchung oder Behandlung durchzuführen. Dies würde das Risiko einer bakteriellen Infektion verringern und zukünftige Probleme verhindern.“

Die Forscher untersuchen nun, ob für die Entstehung der beobachteten DNA-Schädigung die Bakterien selbst oder ihre Stoffwechselprodukte nötig sind. Sie kartieren auch die Quellen der Bakterien im Magen-Darm-Trakt und ziehen Vergleiche mit den Bakterien im Mundraum.