Pathophysiologische Unterschiede zwischen bikuspider und trikuspider Aortenklappenstenose

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Endothelzellen spielen bei der Verkalkung der Aortenklappe eine wichtige Rolle, zeigen Forscher aus Bochum und Bonn in einer aktuellen Studie – insbesondere bei Patienten mit nur zwei Klappensegeln.

Eine Verkalkung der Aortenklappe ist bislang nicht aufzuhalten. Wenn gar nichts mehr geht, muss die Klappe ausgetauscht werden. Um die Entstehung der häufigen Erkrankung besser zu verstehen, haben Forschende aus Bochum und Bonn defekte Aortenklappen genau unter die Lupe genommen. Dabei konnten sie zum einen zeigen, dass Endothelzellen – wie auch bei anderen Gefäßkrankheiten – eine große Rolle spielen. Zum anderen entdeckten sie, dass sich das Geschehen zwischen bikuspiden und trikuspiden Aortenklappen stark unterscheidet. Das Team berichtet im „Journal of the American Heart Association“.

Endothel im Fokus

Viele Menschen büßen ab etwa 60 Jahren an körperlicher Leistungsfähigkeit ein, weil sie eine Aortenklappenstenose haben. „Diese Erkrankung kommt häufig vor, ihre Entstehung ist aber noch unzureichend verstanden“, erklärt Prof. Daniela Wenzel, Leiterin der Abteilung für Systemphysiologie der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. Deswegen gebe es bislang auch keine Möglichkeit, sie aufzuhalten.

Wenzels Team gehört dem Sonderforschungsbereich/Transregio 259 „Aortenerkrankungen“ an und will der Entstehung der Erkrankung auf den Grund gehen. Dabei schauen sie sich insbesondere das Endothel an, denn dieses spielt auch bei anderen Gefäßkrankheiten, etwa der Arterienverkalkung, eine bedeutende Rolle.

Besondere Stempeltechnik erlaubt die Untersuchung

Das Forschungsteam hat eine besondere Technik entwickelt, um die Endothelzellen für die Untersuchung zu isolieren. Sie legen dafür eine bei einer Operation entfernte, defekte menschliche Aortenklappe zwischen zwei Glasplättchen und pressen einen tiefgekühlten Stempel darauf. Die Endothelzellen frieren dadurch an den Glasplättchen fest – auf dem einen Plättchen die Zellen, die zum Herzen hin liegen, auf der anderen Seite diejenigen auf der Seite der Aorta. Nun können sich die Wissenschaftler die dünne Zellschicht genau ansehen.

Durch Färbung der Zellen lässt sich ermitteln, wie dicht das Endothel ist. Je durchlässiger es für Proteine aus dem Blut ist, desto kränker ist das Endothel. Darüber hinaus untersuchte das Forschungsteam die Genexpression der Zellen.

Verkalkung ist nur einseitig, wenn es drei Segel gibt

„Bei Menschen, deren Aortenklappe aus drei Segeln besteht – so ist es meistens – kann man mit bloßem Auge erkennen, dass die Verkalkung vor allem auf der Aortenseite der Klappe stattfindet, nicht so sehr auf der Herzseite“, beschreibt Adrian Brandtner, Doktorand und Erstautor der Studie. Die Färbeuntersuchung und die RNA-Sequenzierung zeigten: Auf der Aortenseite war das Endothel durchlässiger und es wurden mehr Gene exprimiert, die auf Verkalkungsprozesse hinweisen. Die Forscher sehen dies als Beweis, dass das Endothel an der Erkrankung beteiligt ist.

„Interessant war aber auch, dass das bei Menschen, deren Aortenklappe nur aus zwei Segeln besteht, ganz anders ist“, sagt der Forscher. Menschen mit dieser genetischen Veranlagung neigen dazu, früher im Leben eine Aortenklappenstenose zu erleiden. Bei ihnen ist das Endothel auf beiden Seiten der Klappe gleichermaßen geschädigt und von Verkalkung betroffen. „Es handelt sich bei der Aortenklappenstenose bei Menschen mit zwei Segeln also offenbar um eine sehr andere Erkrankung als bei Menschen mit drei Segeln“, folgert Brandtner.

Die Forschenden hoffen, durch ihre Erkenntnisse zum tieferen Verständnis der Entstehung der Aortenklappenstenose beizutragen. „Es wäre schön, wenn es irgendwann möglich wäre, bei einer beginnenden Stenose medikamentös einzugreifen und den Fortgang der Erkrankung aufhalten zu können“, hofft Wenzel.

Kooperationspartner und Förderung

Neben den Forschenden der Systemphysiologie der Ruhr-Universität Bochum und des Instituts für Physiologie I der Universität Bonn waren an der Studie Forschende der Klinik für Herzchirurgie des Universitätsklinikums Bonn beteiligt.

Die Arbeiten wurden gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs SFB/TR 259.