Per Kapsel durch die Blutbahn: Wie Darmbakterien mit dem Körper kommunizieren10. November 2021 Im Gehirn der transgenen Maus leuchten zwei Nervenzellen rot, weil sie ein Protein aus Darmbakterien aufgenommen haben. Blau: Kerne der übrigen Zellen des Hirngewebes. (Abbildung: © Stefan Momma/Goethe-Universität Frankfurt) Bakterien im Darm verpacken verschiedenste ihrer Biomoleküle in kleine Kapseln. Diese werden vom Blutkreislauf in verschiedene Organe des Körpers transportiert und sogar von Nervenzellen des Gehirns aufgenommen und verarbeitet. Dies hat jetzt erstmals ein Team von Forschenden der Goethe-Universität Frankfurt sowie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der University of California in San Francisco (USA) gezeigt. Die neu etablierte Forschungsmethode wird den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge helfen, den Einfluss von Darmbakterien auf Krankheiten besser zu verstehen und könnte die Entwicklung innovativer Verabreichungsformen von Medikamenten oder Impfstoffen fördern. Auf die Zellen der Darmschleimhaut wirken bakterielle Stoffwechselprodukte über den direkten Kontakt. Wie solche Bakterienstoffe jedoch in entfernte Organe wie Leber, Niere oder das Gehirn gelangen, war bislang nicht geklärt. Als Transportmittel wurden kleine Kapseln (Membranbläschen oder Vesikel) vermutet, die von Bakterien während ihres normalen Wachstums oder als Reaktion auf Stress in die Umgebung abgegeben werden und die mit bakteriellen Enzymen, Proteinen oder auch RNA-Erbmolekülen gefüllt sind. Ein internationales Wissenschaftsteam um Dr. Stefan Momma vom Neuroscience Center der Goethe-Universität Frankfurt, Prof. Claudia Günther von der Universität Erlangen-Nürnberg und Prof. Robert Raffai von der University of California hat jetzt an Mäusen untersucht, wie Bakterien ihre Stoffwechselprodukte in solchen Vesikeln verteilen. Dazu besiedelten die Forschenden den Darm von Mäusen mit Escherichia-coli-Bakterien, die eine bestimmte Genschere produzierten (Cre) und diese über Vesikel in die Umgebung abgaben. Die Mäuse besaßen in Körperzellen ein Gen für ein rotes Leuchtprotein, das durch die Genschere Cre aktiviert werden konnte (Cre/LoxP-System). Das Ergebnis: In der anschließenden Untersuchung des Mausgewebes waren die bakteriellen Stoffe von einzelnen Zellen des Darms, der Leber, der Milz, des Herzen und der Nieren sowie von Immunzellen aufgenommen worden. Sogar einzelne Nervenzellen des Gehirns leuchteten rot. Momma: „Besonders beeindruckend ist, dass die Vesikel der Bakterien auch die Blut-Hirn-Schranke überwinden und auf diese Weise in das ansonsten sehr gut abgeschottete Gehirn gelangen können. Und dass die bioaktiven Bakterienstoffe sogar von Stammzellen der Darmschleimhaut aufgenommen wurden zeigt uns, dass Darmbakterien womöglich sogar dauerhaft die Eigenschaften der Darmschleimhaut verändern können.“ Die Fluoreszenzbilder weisen darauf hin, so Momma, dass die Vesikel wahrscheinlich über den Blutstrom im Körper verteilt würden. „Die weitere Erforschung dieser Kommunikationswege vom Reich der Bakterien ins Reich der Säugetiere wird nicht nur unser Verständnis von Leiden wie Autoimmunerkrankungen oder Krebs verbessern, bei dem das Mikrobiom ganz offensichtlich eine wichtige Rolle spielt. Solchen Vesikel sind auch äußerst interessant als neue Methode, um Medikamente zu verabreichen, oder zur Entwicklung von Impfstoffen oder als Biomarker die auf eine pathologische Veränderung des Mikrobioms hinweisen.“
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