Pharmakogenetik: Mit „DNA-Medikamentenpass“ zu weniger Nebenwirkungen6. Februar 2023 Foto: ©Олександр Шнурик -stock.adobe.com Patientinnen und Patienten haben 30 Prozent weniger schwere Nebenwirkungen, wenn die Medikamentendosis auf ihre DNA abgestimmt ist. Das hat ein internationales Konsortium unter der Leitung des Leiden University Medical Center (LUMC) herausgefunden. Von deutscher Seite war auch das Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie (IKP) am Bosch Health Campus in Stuttgart beteiligt. Die in der Zeitschrift „The Lancet“ veröffentlichte Studie ist die erste, die den klinischen Nutzen von genetischen Informationen zur Vermeidung von Arzneimittelnebenwirkungen belegt. Genpanels zur Anpassung der Medikamentendosis Der Ansatz „One-size-fits-all“ (eine Einheitsgröße für alle) ist als allgemeines Prinzip bei der Verschreibung von Medikamenten überholt. Denn aufgrund von Unterschieden in ihrer genetischen Ausstattung können Patientinnen und Patienten verschieden auf Medikamente reagieren. So bauen manche Menschen Medikamente sehr verzögert ab und benötigen daher eine niedrigere Dosis, um Nebenwirkungen zu vermeiden. Personalisierte Arzneimitteltherapien sind somit empfehlenswert. Um diese zu ermöglichen, haben die Forschenden um Jesse J. Swen, Professor für Klinische Pharmazie am LUMC, einen „DNA-Medikamentenpass“ entwickelt, der die genetische Ausstattung von Patientinnen und Patienten mit Medikamenten verknüpft. Die „Lancet“-Studie ergab, dass Patientinnen und Patienten, die den Medikamentenpass aktiv nutzen und deren Dosis entsprechend ihrer DNA angepasst war, 30 Prozent weniger schwerwiegende Nebenwirkungen hatten als solche, denen eine Standarddosis verschrieben worden war. 7000 Teilnehmende aus sieben Ländern Rund 7000 Patientinnen und Patienten aus sieben europäischen Ländern haben an der Studie teilgenommen, die verschiedene medizinische Bereiche berücksichtigte, wie die Onkologie, Kardiologie, Psychiatrie und Allgemeinmedizin. Die Forschenden untersuchten zwölf ausgewählte Gene, für die bereits ein Zusammenhang mit Medikamenten bekannt war. Es zeigte sich, dass 50 Arten von Genvarianten die Wirkung von 39 ausgewählten Medikamenten beeinflussen. Nach der Verschreibung der Medikamente wurden die Patientinnen und Patienten weiter begleitet, um eventuelle Nebenwirkungen, wie Muskelschmerzen, Blutbildveränderungen, Durchfall oder Infektionen zu erfassen. Im Ergebnis zeigten diejenigen, die eine an ihre spezifischen Erbinformationen angepasste Dosierung erhielten, weniger Nebenwirkungen. Die Verwendung eines DNA-Medikamentenpasses wurde von den Patientinnen und Patienten zudem positiv aufgenommen, weil sie das Gefühl hatten, aktiv an ihrer Behandlung beteiligt zu sein. DNA-Medikamentenpass als neuer Standard? „Zum ersten Mal haben wir gezeigt, dass eine ‚maßgeschneiderte‘ Strategie in großem Maßstab in der klinischen Praxis funktioniert. Wir haben nun genügend Belege, um mit der Umsetzung zu beginnen“, sagt Henk-Jan Guchelaar vom LUMC. Matthias Schwab, Leiter des IKP am Bosch Health Campus ergänzt: „Die Studie belegt, dass eine genetische Testung zur Vermeidung von Nebenwirkungen von Ärztinnen und Ärzten, der beteiligten Apothekerinnen und Apotheker und vor allem von Patientinnen und Patienten sehr gut angenommen wird.“ Mit dem Pass können Ärztinnen und Ärzte ihre Patientinnen und Patienten künftig individualisiert behandeln, das heißt eine auf sie zugeschnittene Dosierung der Medikamente auswählen. Die Forschenden gehen davon aus, dass eine Übernahme der Kosten für personalisierte Arzneimitteltherapien durch die Krankenkassen aufgrund der Studienergebnisse erleichtert wird. „Auf diese Weise können wir die Behandlung für jeden Einzelnen wirksamer und sicherer machen“, so Guchelaar. Die Studie wurde durch einen Zuschuss des Programms Horizont 2020 der Europäischen Kommission finanziert (Nr. 668353).
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