Prähabilitation: Besonders Schwerkranke profitieren von umfassender Vorbereitung auf Operationen

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Etwa 17 Millionen Patientinnen und Patienten werden pro Jahr in deutschen Kliniken operiert. Nur wenige Eingriffe erfolgen an jungen Menschen ohne schwerwiegende Vorerkrankungen. Der Großteil derjenigen, die sich einer OP unterziehen müssen, ist mehrfach erkrankt und mitunter in einem schlechten Allgemeinzustand.

Um insbesondere bei diesen Betroffenen das Risiko von Komplikationen während und nach der Operation zu senken, hat sich die Prähabilitation bewährt. „Ziel ist es, das Komplikationsrisiko zu verringern und dafür zu sorgen, dass sich Patientinnen und Patienten nach der Operation möglichst schnell wieder erholen“, erklärte Prof. Natascha Nüssler, Präsidentin der Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) anlässlich des diesjährigen Kongresses Viszeralmedizin. Das Konzept ist nicht neu, setze sich aber jetzt langsam durch. Die notwendige sektorübergreifende Behandlung werde noch nicht gut refinanziert, dennoch hätten einige Kliniken schon begonnen, das Konzept umzusetzen.

Ein gut zusammenarbeitendes, interdisziplinäres und interprofessionelles Team, nennt Nüssler als Voraussetzung für den Erfolg: „Prähabilitation funktioniert nur, wenn Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Disziplinen und Professionen gemeinsam die jeweils individuell auf die zu Operierenden abgestimmten Maßnahmen treffen.“

Dieses interdisziplinäre und interprofessionelle Team setzt sich aus den Bereichen Psychologie, Ernährungswissenschaften, Diätetik sowie Ergo- und Physiotherapie zusammen. An Prähabilitationsmaßnahmen teilnehmende Patientinnen und Patienten werden ganzheitlich betrachtet und davon profitieren vor allem schwer Erkrankte. „Krebspatientinnen und -patienten sind oft mangelernährt, auch wenn sie nicht untergewichtig sind“, erläuterte Nüssler im Rahmen der Kongress-Pressekonferenz. Ihnen fehlen für die Operation und insbesondere für die Heilung wichtige Ressourcen. Diese Reserven vor der OP wieder aufzufüllen, sei oberstes Ziel, betonte die Chirurgin.

Die Maßnahmen der Prähabilitation sind aber nicht nur auf die Ernährung begrenzt. Physiotherapeutinnen und -therapeuten bereiten die Betroffenen bereits vor der Operation darauf vor, sich danach möglichst schmerzfrei bewegen zu können. Tabakentwöhnung oder zumindest Verringerung des Tabakkonsums können ebenfalls zu den Maßnahmen gehören. „Fester Bestandteil ist bei uns auch das sogenannte Patient-Blood-Management. Dazu gehört neben blutsparenden Operationstechniken auch die präoperative Behandlung der vor allem bei Krebspatientinnen und -patienten häufig anzutreffenden Blutarmut mittels Auffüllen der körpereigenen Eisenspeicher. Dadurch können bei den betroffenen Patientinnen und Patienten während und nach der Operation Bluttransfusionen vermieden werden.

Als schwieriger Aspekt bei der Prähabilitation gilt der notwendige Zeitbedarf. Wird Patientinnen und Patienten eine Operation empfohlen, wollen die meisten von ihnen diese so schnell wie möglich hinter sich bringen. „Es liegt dann an uns Ärztinnen und Ärzten, den Betroffenen die Vorteile der Prähabilitation zu erklären und ihnen zu erläutern, warum es sich lohnt, die OP gegebenenfalls um einige Wochen zu verschieben“, führte Nüssler aus. Als zeitlichen Rahmen für die Prärehabilitation nannte sie einen Zeitraum von drei bis vier Wochen. „Nach anfänglicher Verwunderung mache die Patientinnen und Patienten in der Regel auch bereitwillig mit“, berichtete sie.

Die Chefärztin von der München Klinik Neuperlach bekräftigte: „Studien und auch unsere Erfahrungen zeigen, dass vor allem schwer und schwerstkranke Patientinnen und Patienten von Prähabilitationsmaßnahmen und einem daran angepassten Operationstermin profitieren.“