Präventive Gabe von Nichtopioiden hilft gegen Schmerzen nach Mandel- oder Blinddarm-OP

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Die präventive Gabe von mindestens zwei Klassen von Nichtopioid-Analgetika ist eine gute Option, operationsbedingte Schmerzen bei Kindern mit Tonsillektomie oder Appendektomie zu verhindern.

Eine gemeinsame Studie von Forschenden aus Bern, Schweiz, und Jena ging der Frage nach, wie sich häufig unzureichend behandelte Schmerzen bei Kindern nach Tonsillektomie oder Appendektomie vermeiden lassen. Eine Analyse des europäischen Registers PAIN OUT infant zeigt, dass die präventive Verabreichung vonmindestens zwei Klassen von Nichtopioid-Analgetika eine einfache Strategie darstellt, mit der sich patienten­berichtete Ergebnisse verbessern lassen könnten.

Das Register liefert Informationen über perioperative pharmakologische Daten und patientenberichtete Ergebnisse 24 Stunden nach der Operation. Das Studienteam um Erstautorin Prof. Ulrike M. Stamer von der Universität Bern wertete Variablen, die mit dem Endpunkt „Wunsch nach mehr Schmerz­behandlung“ assoziiert sind, mittels elastischer Netzregulierung aus. In die Analyse bezogen sie die Daten von Kindern ein, die sich zwischen 2015 und 2019 einer Appendektomie (n=472) oder einer Tonsillektomie (n=466) unterzogen.

In den 24 Stunden nach der Operation wünschten sich demnach 24,8 Prozent (Appendektomie) und 20,2 Prozent (Tonsillektomie) der befragten Kinder eine stärkere Schmerzbehandlung. Diese Kinder berichteten über höhere zusammengesetzte Schmerz-Scores (OR 5,2; 95 %-KI 4,8–5,5 vs. OR 3,6; 95 %-KI 3,5–3,8) sowie vermehrte schmerzbezogene Störungen und unerwünschte Ereignisse als Kinder, die sich keine stärkere Schmerz­behandlung wünschten. Zudem erhielten sie nach der Operation mehr Opioide (Morphinäquivalente 81 μg/kg; 95 %-KI 60–102 vs. 50 μg/kg; 95 %-KI 43–56).

Eine Regressionsanalyse ergab, dass schmerz­bedingte Schlafstörungen (OR nach Appendektomie 2,8; 95 %-KI 1,7–4,6; OR nach Tonsillektomie 3,7; 95 %-KI 2,1–6,5; p<0,001) und höhere Schmerzintensitäten (1,5-facher Anstieg) die Wahrscheinlichkeit erhöhten, eine stärkere Schmerz­behandlung zu wünschen.

Weiterhin gibt das Autorenteam an, dass ein inverser Zusammenhang zwischen der Anzahl der verschiedenen Klassen von Nicht­opioiden, die präventiv verabreicht wurden, und dem postoperativen Wunsch nach mehr Analgetika bestand. So äußerten Kinder, die vor dem Ende einer Tonsillektomie keine Nichtopioid-Analgetika erhalten hatten, mit 3,5-facher (2,1- bis 6,5-fache) Wahrscheinlichkeit den Wunsch einer stärkeren Schmerz­behandlung im Vergleich zu Kindern, die mindestns zwei Klassen verschiedener Nichtopioid-Analgetika erhalten hatten. (ej)

Originalpublikation:
Stamer UM et al. ‘Desire for more analgesic treatment’: pain and patient-reported outcome after paediatric tonsillectomy and appendectomy. Br J Anaesth 2021;126:1182–1191.