Programm zur Früherkennung und Vorbeugung von Typ-1-Diabetes startet in Niedersachsen

In Niedersachsen können Eltern jetzt kostenlos das Diabetes-Risiko ihrer Babys testen lassen. (Foto: © Picture-Factory – Fotolia.com)

Am Kinder- und Jugendkrankenhaus “Auf der Bult” in Hannover startet die Diabetes-Präventionsstudie Freder1k, ein Programm zur Vorbeugung von Typ-1-Diabetes bei Säuglingen.

Allen Eltern wird mit der Freder1k-Studie eine freiwillige Früherkennungsuntersuchung für ihre Neugeborenen bis zum Alter von drei Monaten angeboten. Ergibt der Test ein erhöhtes Risiko, an Typ-1-Diabetes zu erkranken, kann das Kind direkt im Anschluss an einer Präventionsstudie (POInT, Primary Oral Insulin Trial) teilnehmen. Deren Ziel ist es, den Ausbruch der Erkrankung zu verhindern. An der Freder1k-Studie können Geburtskliniken und Kinderärzte aus Niedersachsen und Norddeutschland teilnehmen (www.gppad.org).

Ergebnisse der TRIGR-Studie

Vorherige Studien haben gezeigt, dass eine frühe Auseinandersetzung des Körpers mit komplexen Fremdproteinen wie Kuhmilchproteinen das Risiko für die Entwicklung eines Typ-1-Diabetes bei Personen mit genetischem diabetesspezifischen Risiko erhöht. „Daher haben wir im Jahr 2002 eine große multizentrische Studie mit 2.159 Kindern von erstgradigen Verwandten mit Typ-1-Diabetes und mit genetischen Risiko gestartet, um die Frage zu beantworten, ob eine spätere Exposition mit komplexen Fremdproteinen ein Risiko zur Entwicklung eines Typ-1 Diabetes verhindern kann “, sagte Prof. Mikael Knip von der Universität Helsinki und Leiter der internationalen TRIGR-Studie.

Die deutschlandweite Umsetzung der Studie wurde vom Kinder- und Jugendkrankenhauses “Auf der Bult” in Hannover organisiert. Sie konnte 112 Kindern mit diabetesspezifischem Risiko eine Teilnahme an dieser weltweit einzigartig durchgeführten Studie ermöglichen. Sofern die Säuglinge nicht mehr gestillt wurden, erhielten sie entweder eine spezielle hoch hydrolysierte Milch, in der die Kuhmilchproteine aufgespalten wurden, oder eine reguläre Säuglingsmilchnahrung. Alle Probanden wurden über mindestens zehn Jahre beobachtet.

Die Ergebnisse nach etwa 11,5 Jahren zeigen, dass das Weglassen von Kuhlmilcheiweiß während der ersten Lebensmonate im Vergleich zur Verwendung einer regulären Säuglingsmilchnahrung auf intakter Kuhmilchbasis nicht zu einer Verringerung des Auftretens von Typ-1-Diabetes führte. Die in 15 Ländern durchgeführte Studie wurde hauptsächlich vom National Institutes of Health (NIH), den Canadian Institutes of Health Research (CIHR) und der Europäischen Gemeinschaften (EU) finanziert.

Freder1k startet in Niedersachsen

Forschungsergebnisse der letzten Jahre geben Anlass zu der Hoffnung, dass sich die Autoimmunreaktion und somit die Erkrankung an Typ-1-Diabetes schon in den frühen Lebensmonaten verhindern oder zumindest aufhalten lässt. Die Freder1k-Studie soll nun die Kinder identifizieren, die davon profitieren könnten. Eltern haben die Möglichkeit, ihr Kind im Rahmen des regulären Neugeborenen-Screenings oder mit einer der ersten Vorsorgeuntersuchungen (U2, U3) beim Kinderarzt auf das Risiko Typ-1-Diabetes zu entwickeln, untersuchen zu lassen. Für die Teilnahme benötigt der Arzt nur wenige Tropfen Blut.

Ergibt sich beim Test ein erhöhtes Risiko, erhält die Familie eine umfassende Betreuung. Ihr Kind kann in die POInT- Studie mit dem Ziel der Prävention von Typ-1-Diabetes aufgenommen werden (http://www.gppad.de). „Mit dem Start von Freder1k ermöglichen wir weltweit die einzige Interventionsstudie im Säuglingsalter, bevor jegliche Autoimmunreaktion, die zur Typ-1-Diabetes-Entstehung führt, begonnen hat. Denn dadurch haben wir erstmals die Möglichkeit, das Immunsystem frühzeitig so zu trainieren, dass die fehlgesteuerte Immunreaktion vermieden werden kann. Das soll durch die Gabe von Insulinpulver über die Mundschleimhaut erreicht werden”, sagte Studienleiterin Prof. Olga Kordonouri.

Seit einem Jahr führt das Kinder- und Jugendkrankenhaus auch die Fr1dolin-Studie in Niedersachsen durch, ein Früherkennungstest von einer bereits begonnenen Autoimmunreaktion bei Typ-1-Diabetes für Kinder zwischen 2 und 6 Jahren (www.fr1dolin.de). Die Freder1k-Studie wird von Institut für Diabetesforschung des Helmholtz Zentrums München koordiniert und ebenfalls in Sachsen unter der Leitung des DFG-Forschungszentrums für regenerative Therapien Dresden angeboten. Somit ist Deutschland mit Freder1k internationaler Vorreiter.

In den kommenden Monaten steigen Kliniken und Ärzte in Schweden, Polen, Belgien und Großbritannien ebenfalls mit ein. Es handelt sich um eins der größten von akademischen Institutionen initiierten Studienprogramme in Europa. Freder1k und die Primärpräventionsstudie POInT sind Teil der Globalen Plattform zur Prävention des Autoimmunen Diabetes (GPPAD), einem internationalen Netzwerk aus Forschung und Medizin, deren Ziel eine Welt ohne Diabetes ist. Die US-amerikanische Stiftung Helmsley Charitable Trust fördert die Initiative als Geldgeber.