Rhesusaffen-Studie: Enge Freundschaften bedeuten auch ein gesünderes Darmmikrobiom14. November 2022 Rhesusaffen auf Cayo Santiago bei der gegenseitigen Fellpflege. (Foto: © Lauren Brent) Soziale Verbindungen sind für die Gesundheit und das Wohlbefinden sozialer Lebewesen wie den Menschen und anderen Primaten unerlässlich. Es gibt auch zunehmend Hinweise darauf, dass das Darmmikrobiom – durch die Darm-Hirn-Achse – eine Schlüsselrolle für unsere körperliche und geistige Gesundheit spielt und dass Bakterien bei sozialen Handlungen übertragen werden können, beispielsweise durch Berührung. Wie wirkt sich nun soziale Verbundenheit auf die Zusammensetzung und Vielfalt des Darmmikrobioms aus? Das ist das Thema einer neuen Studie in „Frontiers in Microbiology” zu Rhesusaffen (Macaca mulatta). Hauptautorin Dr. Katerina Johnson, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Abteilung für Experimentelle Psychologie und der Abteilung für Psychiatrie der Universität Oxford (Großbritannien), sagt: „Hier zeigen wir, dass geselligere Affen eine größere Menge an nützlichen Darmbakterien haben und eine geringere Menge an potenziell krankheitserregende Bakterien.“ Die Wissenschaftler konzentrierten sich auf eine einzige soziale Gruppe (mit 22 Männchen und 16 Weibchen im Alter zwischen 6 und 20 Jahren) von Rhesusaffen auf der Insel Cayo Santiago vor der Ostküste von Puerto Rico. Makaken lebten ursprünglich nur in Nordafrika und Asien. 1938 aber wurde eine Population von 409 Rhesusaffen von Indien nach Cayo Santiago gebracht. Heute leben mehr als 1000 Makaken auf der 15,2 Hektar großen Insel, aufgeteilt in mehrere soziale Gruppen. Sie werden täglich gefüttert, leben aber frei und suchen sich auch selbst Nahrung. Forscher führen jedes Jahr Verhaltensbeobachtungen an den Affen durch. Zwischen 2012 und 2013 sammelten die Autoren insgesamt 50 unkontaminierte Stuhlproben dieser sozialen Gruppe. Als Maß für die soziale Verbundenheit verwendeten sie die Zeit, die jeder Affe in den Jahren 2012 und 2013 damit verbrachte, sich selbst zu pflegen oder gepflegt zu werden, sowie die Anzahl seiner Pflegepartner. Soziale Pflege Co-Autorin Dr. Karli Watson vom Institute of Cognitive Science an der University of Colorado Boulder (USA) erklärt: „Makaken sind sehr soziale Tiere, und die Fellpflege ist ihre wichtigste Art, Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Daher ist die Fellpflege ein guter Indikator für soziale Interaktionen.” Die Forschenden analysierten DNA-Sequenzierungsdaten aus den Stuhlproben, um die Zusammensetzung und Diversität der mikrobiellen Gemeinschaft im Darm zu messen, und untersuchten die Beziehung zur sozialen Konnektivität. Die Wissenschaftler berücksichtigten dabei auch Geschlecht, Alter, Jahreszeit und Rang innerhalb der Gruppenhierarchie. Sie konzentrierten sich auf Mikroben, von denen wiederholt gezeigt wurde, dass sie entweder mehr oder weniger häufig bei Menschen oder Nagetieren mit autismusähnlichen Symptomen (üblicherweise begleitet von sozialer Absonderung) oder sozialer Benachteilung sind. Soziale Affen haben mehr „gute“ Mikroben „Die Beteiligung an sozialen Interaktionen stand in positivem Zusammenhang mit der Menge bestimmter Darmmikroben mit nützlichen immunologischen Funktionen und in negativer Beziehung zur Menge potenziell pathogener Mitglieder der Mikrobiota“, berichtet Co-Autor Dr. Philip Burnet, Professor an der Abteilung für Psychiatrie an der Universität Oxford. Zu den bei den geselligsten Affen häufiger vorkommenden Gattungen gehörten beispielsweise Faecalibacterium und Prevotella. Umgekehrt war die Gattung Streptococcus, die beim Menschen Krankheiten wie Hals- und Lungenentzündung verursachen kann, bei weniger geselligen Affen am häufigsten. „Besonders auffallend ist, dass wir einen starken positiven Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Darmmikroorganismus Faecalibacterium und der Geselligkeit der Tiere feststellten. Faecalibacterium ist bekannt für seine starken entzündungshemmenden Eigenschaften und wird mit guter Gesundheit in Verbindung gebracht“, erklärt Johnson. Ursache und Wirkung? Aber was treibt die Beziehung zwischen sozialer Verbundenheit und der Zusammensetzung des Darmmikrobioms an? Die Unterscheidung zwischen Ursache und Wirkung ist nicht einfach. „Die Beziehung zwischen Sozialverhalten und mikrobieller Häufigkeit kann das direkte Ergebnis der sozialen Übertragung von Mikroben sein, beispielsweise durch Fellpflege. Es könnte auch ein indirekter Effekt sein, da Affen mit weniger befreundeten Tieren möglicherweise stärker gestresst sind, was sich dann auf die Häufigkeit dieser Mikroben auswirkt. Neben der Beeinflussung des Mikrobioms durch das Verhalten wissen wir auch, dass es eine wechselseitige Beziehung ist, wobei das Mikrobiom wiederum das Gehirn und das Verhalten beeinflussen kann“, sagt Johnson. Co-Autor Dr. Robin Dunbar, Professor am Department of Experimental Psychology an der University of Oxford, ergänzt: „Da unsere Gesellschaft zunehmend reale Interaktionen durch Online-Interaktionen ersetzt, unterstreichen diese wichtigen Forschungsergebnisse die Tatsache, dass wir uns als Primaten nicht nur in einer sozialen, sondern auch in einer mikrobiellen Welt entwickelt haben.“
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