Roboterassistierte Cholezystektomie: Höhere Komplikationsrate eher nicht auf Patientenfaktoren zurückzuführen

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Mit der Zunahme roboterassistierter Cholezystektomien ist laut einer neuen Studie aus den USA auch eine höhere Rate an Gallengangsverletzungen bei dieser Operation festgestellt als beim konventionellen Verfahren, der laparoskopischen Cholezystektomie.

Ein Forscherteam der University of Michigan Health (USA) unter der Leitung des Chirurgen Dr. Cody Mullens beobachtete, dass bei der roboterassistierten Cholezystektomie – unabhängig von den Risikofaktoren des jeweiligen Patienten – offenbar ein höheres Risiko für Gallengangsverletzungen besteht.

Derartige Gallengangsverletzungen als Komplikation einer Cholezystektomie sind selten und sollten umgehend behandelt werden, da sie zu einem Gallenfluss von der Leber in den Magen-Darm-Trakt führen. Dies kann weitere Eingriffe erforderlich machen.

Patientenfaktoren spielen eher keine Rolle

Ziel der aktuellen Studie war es, die Behauptung von Chirurgen zu widerlegen, Unterschiede in der Gallengangsverletzungsrate bei roboterassistierter und laparoskopischer Cholezystektomie seien auf Faktoren bei der Patientenauswahl zurückzuführen. Anhand von Medicare-Daten konnten Mullens und sein Team feststellen, dass Gallengangsverletzungen bei Patienten mit niedrigem, mittlerem und hohem Risiko bei roboterassistierter Cholezystektomie häufiger auftreten als bei laparoskopischer Cholezystektomie. „Angesichts dieser und anderer aktuellerer Ergebnisse sollten Patienten offen mit ihren Chirurgen über die Risiken der roboterassistierten im Vergleich zur laparoskopischen Cholezystektomie sprechen“, betont Mullens.„Obwohl die meisten Outcomes bei roboterassistierter und laparoskopischer Gallenblasenentfernung vergleichbar sind, verdeutlichen diese Erkenntnisse, dass die Risikofaktoren der Patienten nicht den Ausschlag für die Entscheidung geben sollten, ob die Gallenblase roboterassistiert oder laparoskopisch entfernt werden soll.“ Mullens weist außerdem darauf hin, dass das Risiko von Gallengangsverletzungen bei roboterassistierten Cholezystektomien über die verschiedenen Patientenrisikostufen hinweg etwa dreimal höher sei als bei laparoskopischen.

Auswertung von Daten zu fast 738.000 Patienten

In die retrospektive Kohortenstudie waren Daten zu Medicare-Versicherten im Alter von 66 bis 99 Jahren eingeflossen, die sich in einem Zeitraum von mehr als zehn Jahren (01.01.2010-31.12.2021) einer Cholezystektomie unterzogen hatten. Für die Auswertung unterteilten die Autoren die Patienten in zwei Kohorten (Model-Training- bzw. experimentelle Kohorte, 60% bzw. 40%). Anschließend setzte man Random-Forest-Modellierung und Least-Absolute-Shrinkage- und Selection-Operator-Techniken in einer Risikomodell-Trainingskohorte ein, um Patienten in einer unabhängigen experimentellen Kohorte anhand ihres Risikos für einen kompositen Endpunkt bezüglich postoperativer unerwünschter Ereignisse zu stratifizieren (postoperative Komplikationen, schwerwiegende Komplikationen, erneute chirurgische Eingriffe und Wiedereinweisung in ein Krankenhaus innerhalb von 90 Tagen).

Insgesamt wertete man Daten zu 737.908 Personen (Durchschnittsalter 74,7 Jahre [SD 9,9]; 387.563 [52,5%] Frauen) aus. Davon bildeten 295.807 die Versuchskohorte und 442.101 die Trainingskohorte. Gallengangsverletzungen traten den Forschenden zufolge in jeder Untergruppe im Vergleich zur laparoskopischen Cholezystektomie häufiger bei solchen Patienten auf, die sich einer roboterassistierten Cholezystektomie unterzogen (Gruppe mit geringem Risiko: relatives Risiko [RR] 3,14; 95%-Konfidenzintervall [KI] 2,35–3,94; Gruppe mit mittlerem Risiko: RR 3,13; 95%-KI 2,35–3,92; Gruppe mit hohem Risiko: RR 3,11; 95%-KI 2,34–3,88). Insgesamt erwiesen sich die kompositen Outcomes beider Gruppen bei der roboterassistierten Cholezystektomie im Vergleich zur laparoskopischen Cholezystektomie ähnlich (RR 1,09; 95%-KI 1,07–1,12), wie die Wissenschaftler berichten. Eine Ausnahme bildeten hier allerdings erneute Eingriffe, deren Rate in der Gruppe mit roboterassistierter Operation insgesamt höher war als in der laparoskopisch behandelten Gruppe (RR 1,47; 95%-KI 1,35–1,59).