Rückenschmerzen bei jungen Sportlern: Wie wichtig ist eine schnelle Diagnose?

Auch bei jungen Freizeit-Sportlern können Stressfrakturen der Wirbel auftreten. (Foto: © Salsabila Ariadina – stock.adobe.com)

Bis zu 30 Prozent Kinder und Jugendliche, die intensiv Sport treiben, sind von Rückenschmerzen betroffen. Wann und wie schnell eine Diagnostik erfolgen sollte und warum das so wichtig ist, erklärt PD Dr. Michael Cassel, leitender Oberarzt der Hochschulambulanz der Universität Potsdam, Mitte August auf dem 16. Zeulenrodaer Kongress für Orthopädie und Sportorthopädie (ZKOS).

Brandenburger Daten an mehr als 2000 Kindern und Jugendlichen aus dem Nachwuchsleistungssport zeigen eine altersabhängige Entwicklung von Rückenschmerzen. Demnach kommen wenige Kinder mit Rückenschmerzen in einem Alter von elf Jahren zum Leistungssport. Bereits mit 14 Jahren klagen dann 20 Prozent von ihnen über Rückenschmerzen.

Besonders betroffen sind unter anderem die Wassersportarten Rudern und Kanu, aber auch Ringer, Turner, Turmspringer, Fußballer, Handballer, Judoka und Tennisspieler. Während in der Bevölkerung die Skoliose und die Scheuermann-Krankheit meist bekannt sind, geht es in den sportärztlichen Untersuchungen jedoch häufig um mehr.

„Wir haben im ambitionierten Sport ein relevantes Problem“, weiß Cassel. „Wirbelbogen-Ödeme sind immer häufiger zu sehen und führen bei nicht rechtzeitiger Diagnostik zu langwierigen Behandlungen aufgrund sich daraus entwickelnder Wirbelbogenbrüche.“

Rund ein Viertel bis ein Drittel der zwischen elf- und 17-jährigen jungen Sportler haben ein hohes Risiko, eine Stress-Fraktur des Wirbels durchzumachen und eine Spondylolyse auszubilden. Mit etwa 80 Prozent sind die Wirbel L4, L5 am häufigsten betroffen, seltener L2, L3. Die jungen Patienten kommen dann zum Teil mit großen Einschränkungen und Schmerzen und können sich kaum bewegen.

Dies müsse unbedingt verhindert werden, erklärt Cassel. Eine Leitlinie zum kindlichen Rückenschmerz aus der Pädiatrie empfiehlt daher insbesondere bei Kindern, die über 2 Wochen hinweg Rückenschmerzen haben, frühzeitig eine bildgebende Diagnostik einzuleiten.

Ärztliche Abklärung auch bei Freizeitsportlern

Auch Cassel empfiehlt eine klinische Anamnese und anschließende Diagnostik, wenn ein Kind den Alltag einschränkende oder wiederkehrende Rückenschmerzen hat, die länger als 14 Tage anhalten. Nicht selten finden sich dann bereits kleine Stressverletzungen des Knochens, die unbehandelt voranschreiten und sich im Rahmen fortgeführter Belastungen schrittweise zu einer Stressfraktur fortenzwickeln.

Während im Spitzensport kooperierende Sportärzte an den Trainingsstützpunkten solche Dinge oft schon nach frühzeitig abklären, sind intensive Freizeit-Sportler (z. B. mehrfach die Woche Fußball-Training und am Wochenende Turnier) ebenso gefährdet. Cassel appelliert daher an Trainer, Betreuer und Eltern, ein wachsames Auge auf die jungen Sportler zu haben. In der akuten Rückenschmerzphase sollte der Sport unterbleiben, bis alles ärztlich abgeklärt ist. Die Aufgabe der Orthopäden und Sportärzte ist die Differenzierung einer spezifischen von einer unspezifischen Rückenschmerz-Ursache, sodass die Behandlung adäquat eingeleitet werden kann.

So sollte beim unspezifischen Rückenschmerz ein Kind beispielsweise nicht aus dem Schulsport genommen werden. Stressbrüche an den Wirbeln brauchen hingegen sechs bis neun Monate Zeit. Je früher sie behandelt werden, desto eher ist die vollständige Heilung erreichbar. „Das Problem ist die lange Zeit“, weiß Cassel. „Kein junger Sportler will so lange aussetzen.“