Rückschlag für elektronisches Rezept in Schleswig-Holstein

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Während die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) das elektronische Rezept (E-Rezept) weiter vorantreibt, hat sich die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) vorerst aus der Einführung des E-Rezeptes zurückgezogen.

Grund sei, dass eine mailbasierte Umsetzung nach dem Landesdatenschutzgesetz untersagt sei, teilte die KVSH mit. Damit sei der für Patienten praktikabelste Weg versperrt. Digitale Lösungen, die Praxen und Patienten gleichermaßen nutzten, seien momentan nicht umsetzbar. Der Nutzen des elektronischen Rezepts liegt nach KVSH-Einschätzung für Arztpraxen in der bürokratiearmen Erstellung und für Patienten in der Einsparung von Wegen. „Beides kann momentan nicht erreicht werden“, sagte die Vorstandsvorsitzende der KVSH, Monika Schliffke. Der Landesdatenschutz habe mitgeteilt, dass vom Praxisverwaltungssystem erzeugte datenlose Transfer-QR-Codes als Gesundheitsdaten einzustufen seien. Es bestehe anders als beim Papierrezept bei Missbrauch ein Haftungsrisiko für die Praxen.

Digitalisierungsminister Dirk Schrödter (CDU) bedauerte es, dass die Umsetzung des E-Rezepts jetzt vor dem vorläufigen Aus stehe. Wenn das Landesdatenschutzgesetz den Weg versperre, müsse es geändert werden. „Unser Ziel ist es, Digitalisierungshemmnisse abzubauen.“ Der FDP-Landtagsabgeordnete Heiner Gag nannte die Entscheidung der KVSH einen herben Rückschlag für die Digitalisierung im Gesundheitssystem. „So nachvollziehbar die Gründe der KVSH für den vorläufigen Ausstieg sein mögen, so wenig darf sich die Landesregierung mit dieser Situation zufrieden geben“, sagte Garg, der bis zum Frühjahr in der Jamaika-Koalition Gesundheitsminister war. „Ich erwarte, dass die neue Gesundheitsministerin umgehend das Gespräch mit der KVSH, dem Datenschutz, aber vor allem auch mit dem Bund aufnimmt, um möglichst bald den problemlosen Rollout für Schleswig-Holstein unter Einbindung der KVSH sicherzustellen.“

Derweil betont die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe (KVWL) „vorerst weiter an Bord“ zu bleiben. „Wir respektieren natürlich die Entscheidung unserer Kolleginnen und Kollegen aus Schleswig-Holstein, allerdings werden wir vorerst nicht aus dem Projekt aussteigen. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass es bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens besser ist, auf dem Fahrersitz zu sitzen und den Kurs mitzubestimmen – damit wir möglichst unfallfrei durch diese Entwicklung kommen“, sagt Thomas Müller, Vorstand der KVWL und unter anderem für IT und Digitalisierung zuständig.

Seit Wochen treibt die KVWL deshalb die Pläne zum E-Rezept-Rollout am 1. September nach eignen Angaben voran. Müller betont, dass es für ein digitales Angebot wie das E-Rezept nur eine digitale Lösung zur Übertragung geben. Den Weg dafür habe man mit dem Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte bereits aufgezeigt. Die KVWL erwarte von der Gematik, dem Bundesgesundheitsministerium und den Apothekenverwaltungssystem-Herstellern, dass das E-Rezept spätestens in drei Monaten mit der eGK übertragen und eingelöst werden kann, so Müller weiter. Das sei die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Einführung des E-Rezepts „und nicht verhandelbar“. (red/dpa)