Säuglings-Darmmikrobiom: Art der Ernährung spielt bei der Bakterienbesiedelung nicht die Hauptrolle

Die Autoren einer Studie haben festgestellt, dass die Art und Weise der Ernährung kaum Einfluss auf das Wachstum oder die Unterschiede im Darmmikrobiom hatte. (Foto: © Юлия Завалишина/stock.adobe.com)

Das Darmmikrobiom von Säuglingen verändert sich mit dem zirkadianen Rhythmus. Dieser Rhythmus ist laut neuen Erkenntnissen schon zwei Wochen nach der Geburt erkennbar, wird aber mit zunehmendem Alter immer ausgeprägter.

Dies sind die Ergebnisse einer randomisierten kontrollierten Studie, die laut den Autoren auch zeigt, dass die Ernährung weniger Einfluss auf die Entwicklung und Zusammensetzung des Mikrobioms des Säuglings hat als bisher angenommen.

„Wir haben herausgefunden, dass das mikrobielle Ökosystem bereits in sehr frühen Kolonisierungsstadien diesen zirkadianen Rhythmus entwickelt“, berichtet Seniorautor und Mikrobiomexperte Prof. Dirk Haller von der Technischen Universität München. „Wir haben diese Rhythmen bereits bei Erwachsenen darstellen können, waren uns aber nicht sicher, wann diese Mechanismen zum ersten Mal auftreten.“

Während die Ernährung offenbar nur marginalen Einfluss auf die Mikrobiomentwicklung von Säuglingen hat, zeigten die Forscher, dass das Alter eine wichtigere Rolle spielt. „Die Ernährung ist wichtig, aber weniger wichtig als die Alterung des Darms“, sagt Haller. „Als wir gestillte und mit Säuglingsnahrung gefütterte Säuglinge verglichen, waren die Unterschiede in der Mikrobiombesiedelung marginal. Unser Darmsystem ist wahrscheinlich etwas flexibler in der Anpassung an das, was die Umwelt zu bieten hat.“

Die Forschenden verglichen in ihrer randomisierten kontrollierten Studie die Entwicklung des Mikrobioms bei Säuglingen, die ausschließlich gestillt wurden, mit solchen, die verschiedene Arten von Säuglingsnahrung erhielten – nicht supplementierte Säuglingsnahrung, Säuglingsnahrung mit aus der Muttermilch stammende Bakterien (Bifidobakterien), Formula mit muttermilchähnlichen Zuckern (Galacto-Oligosaccharide [GOS]) oder Formula, die sowohl Bifidobakterien als auch GOS enthielten. Insgesamt umfasste die Studie 210 Säuglinge.

Für eine Längsschnittbeobachtung der Mikrobiome der Säuglinge untersuchte das Team deren Stuhl im Alter von 0,5 Monaten, einem Monat sowie drei, sieben und zwölf Monaten. Analysiert wurde bei einer Untergruppe von Kindern auch deren Mikrobiom im Alter von 24 Monaten. Die Wissenschaftler dokumentierten dabei auch die Tageszeit, zu der die Stuhlprobe entnommen wurde.

Die Forschenden fanden heraus, dass die Ernährung kaum Einfluss auf das Säuglingswachstum oder die Unterschiede im Mikrobiom der Kinder besaß. Obwohl es große Unterschiede gab, zeigten alle Probanden eine allmähliche Zunahme der Diversität der Darmmikroben, und nach 24 Monaten war kein Unterschied zwischen den Gruppen erkennbar. Als die Wissenschaftler die verschiedenen Arten von Säuglingsnahrung verglichen, stellten sie fest, dass mit GOS angereicherte Säuglingsnahrung eine nachhaltigere Konzentration von Bifidobakterien wirksamer fördert als Säuglingsnahrung, die Bifidobakterien enthält.

Es gab jedoch einen signifikanten Unterschied im Darmmetabolitenprofil zwischen ausschließlich gestillten und mit Säuglingsnahrung ernährten Kindern. „Die Metabolitenumgebung im Darm unterscheidet sich dramatisch zwischen Babys, die ausschließlich gestillt werden, und solchen, die Säuglingsnahrung erhalten, was einen grundlegenden Einfluss auf die Stoffwechselvorbereitung und viele nachgelagerte Effekte haben könnte“, sagt Haller. „Wir können daraus schließen, dass Muttermilch im Stoffwechsel des Säuglingsdarms etwas ganz anderes bewirkt.“

Die Arbeitsgruppe stellte außerdem rhythmische 24-Stunden-Schwankungen in der Häufigkeit verschiedener Mikrobiomarten fest. Bei der Kultivierung von Säuglingsmikroben im Labor gewöhnten sich die Bakterien an den gleichen zirkadianen Rhythmus – selbst ohne äußeren Einfluss von Licht oder Wirtssignale. Obwohl zirkadiane Rhythmen bereits in erwachsenen Mikrobiomen beobachtet wurden, ist dies nach Angaben der Wissenschaftler der erste Beweis dafür, dass Bakterien diese Rhythmen unabhängig aufrechterhalten. „Wenn wir sie [aus dem Säuglingsdarm] entnehmen, behalten sie diese tageszeitlichen Schwankungen bei“, erklärt Haller. „Das ist ziemlich überraschend, denn es deutet darauf hin, dass die Bakterien über einen intrinsischen Mechanismus verfügen, der eine Art Anpassung an einen Tag- und Nachtzyklus ermöglicht, was ihnen möglicherweise einen Vorteil bei der Besiedlung des menschlichen Darms verschaffen könnte.“

Die Forscher planen, die zirkadianen Rhythmen des Mikrobioms in zukünftigen Studien weiter zu untersuchen. Konkret wollen sie prüfen, ob einzelne Bakterienarten ihre Rhythmen aufrechterhalten, wenn sie isoliert und nicht in komplexen Gemeinschaften wachsen, und nach den Genen suchen, die diese Rhythmen steuern.

„Für uns stellt sich als nächstes die Frage, ob wir Mechanismen in Bakterien identifizieren können, die ihr zirkadianes Verhalten steuern“, sagt Haller.