Sauerstoffmangel fördert Wachstum von Dickdarmkrebs

Darstellung von Fibroblasten (KI-generiert; Abbildung: © KanStockPng/stock.adobe.com)

Forschende von der Universität Osaka (Japan) haben herausgefunden, dass lokale Tumorbereiche, in denen Sauerstoffmangel herrscht, in indirekter Art und Weise das Tumorwachstum begünstigen.

Um Krebserkrankungen effektiv bekämpfen zu können, muss man gewissermaßen Kenntnisse über das Schlachtfeld erlangen. In einer neuen Studie sind japanische Wissenschaftler verschiedener Forschungsinstitutionen unter der Leitung der Universität Osaka sozusagen an wichtige Geheimdienstinformationen gekommen: Lokale Hypoxämie in der Mikroumgebung von Darmkrebstumoren kann das Tumorwachstum fördern.

Bis vor Kurzem glaubte man noch, dass eine solche Hypoxämie die Tumorprogression unterdrückt. In der Folge wurden zur Behandlung von Krebserkrankungen Wirkstoffe eingesetzt, die die Versorgung von Tumoren mit Sauerstoff hemmen. Mit unterschiedlichem Erfolg: In manchen Fällen kam es unter Verwendung dieser Medikamente sogar zu einer Beschleunigung des Tumorwachstums. Wie es dazu kommen kann, ist daher eine Fragestellung in der Krebsforschung, auf die dringend Antworten gesucht werden.

Hypoxämie bewirkt Transformation von Fibroblasten

„Wir haben einen überraschenden Mechanismus entdeckt, dank dessen eine Hypoxämie das Tumorwachstum begünstigen kann“, erklärt der Erstautor der Studie, Akikazu Harada. „Teil dieses Mechanismus ist die Bildung inflammatorischer Fibroblasten.“ Das Forschungsteam fand heraus, dass, wenn Sauerstoff in manchen Bereichen eines Dickdarmtumors Mangelware ist, sich die umgebenden Fibroblasten – eigentlich „gute“ Zellen, die die Gewebestruktur stützen – in schädliche inflammatorische Fibroblasten transformieren. Diese veränderten Zellen setzen Faktoren frei, die dem Tumor helfen zu wachsen, beispielsweise Epiregulin. Zudem schütten sie Wnt5a aus. Diese Proteine helfen dabei, den hypoxämischen Status aufrechtzuerhalten, indem sie dort, wo sie ausgeschüttet werden, die Bildung neuer Blutgefäße verhindern.

Um die Erkenntnisse aus einem Mausmodell in menschlichen Proben zu validieren, führten die Wissenschaftler Daten zu solchen Proben zusammen: von Personen mit gesundem Kolon, von solchen mit Dickdarmkrebs und von Menschen mit einer Chronisch-entzündlichen Darmerkrankung. Anschließend analysierten sie die Daten und verglichen sie mit den Ergebnissen aus dem Mausmodell. „Wir beobachteten, dass die maligne Transformation von Fibroblasten und die Induktion von Wnt5a-ausschüttenden Fibroblasten sowohl in Mausmodellen als auch in menschlichen Proben häufig zu finden war“, berichtet Seniorautor Akira Kikuchi.

Anstoß für neue Krebstherapien

Dieser Einblick in eine mögliche Pathologie von Dickdarmkrebs und Inflammation könnte die Vorlage für eine neue Strategie im Kampf gegen Krebs sein: medikamentöse Therapien, die auf Wnt5a-produzierende Fibroblasten abzielen. Im Ergebnis werden Fibroblasten nun als wichtiger dritter therapeutischer Zielparameter angesehen und ergänzt bisherige Behandlungen, die auf Krebs- und Immunzellen abzielen. Von besonderer Bedeutung, so heißt es in einer Mitteilung der Universität Osaka anlässlich der Publikation der Studie in „Nature Communications“, seien die neuen Erkenntnisse für das Kolonkarzinom – die häufigste Krebserkrankung in Japan. Zudem könnten die beobachteten pathologischen Veränderungen von Fibroblasten auch für Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen von Relevanz sein und neue Einblicke in deren Mechanismen sowie mögliche neue therapeutische Strategien eröffnen.