Schistosomen und H. pylori: Co-Infektion verändert Immunantwort

Elektronenmikroskop-Aufnahme eines Pärchenegels. Infektionen mit diesen Parasiten können zu Leberzirrhosen führen. (Bild: © Clarissa Prazeres da Costa/TUM)

Ein Team der Technischen Universität München (TUM) hat nach eigenen Angaben erstmals untersucht, welche Auswirkungen eine gleichzeitige Infektion mit Schistosomen und dem Bakterium Helicobacter pylori hat – bei Menschen in manchen Regionen der Welt keine Seltenheit. Dabei zeigte sich ein komplexes Wechselspiel: Unter anderem werden negative Auswirkungen des jeweils anderen Erregers abgeschwächt.

Weltweit sind rund 240 Millionen Menschen an Bilharziose erkrankt. Die Erreger sind Würmer der Gattung Schistosoma, auch Pärchenegel genannt. Die Parasiten gelangen meist aus dem Wasser in Seen, Teichen oder Flüssen in den menschlichen Körper. Im Körper werden Würmer, Larven und Eier über den Blutkreislauf in verschiedene Organe transportiert. Bei der Art Schistosoma mansoni ist besonders die Leber betroffen, dort können sie Zirrhosen hervorrufen.

Mit H. pylori ist in Deutschland jeder dritte Mensch infiziert, weltweit sogar jeder zweite. Wo ein Befall mit Schistosomen vermehrt auftritt, wie in manchen afrikanischen Ländern südlich der Sahara, sind Co-Infektionen mit H. pylori häufig. Ein Team um Prof. Clarissa Prazeres da Costa und Prof. Markus Gerhard vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene der TUM hat anhand von Mäusen erstmals untersucht, was bei einer Co-Infektion von H. pylori und Schistosoma mansoni geschieht.

Mit Helicobacter pylori (dunkle Punkte) infiziertes Magengewebe. Infektionen können zu Magengeschwüren und Krebs führen. (© Markus Gerhard/TUM)

T-Zellen werden umgeleitet

Bei einer Bilharziose folgt auf die Infektion eine akute Phase, die nach ungefähr fünf Wochen in eine chronische Phase übergeht. In ihrer Studie konnten Prazeres da Costa und Gerhard zeigen, dass bei einer Co-Infektion in der akuten Phase der Bilharziose weniger T-Zellen im Magen zu finden sind. Bei einer alleinigen Infektion mit H. pylori treten diese Immunzellen dort verstärkt auf und fördern Entzündungen. „Wir nehmen an, dass durch die Bilharziose verstärkt Chemokine in der Leber gebildet werden. Diese wirken wie ein Lockstoff auf die T-Zellen und leiten sie gewissermaßen dorthin um“, sagt Gerhard. Dadurch komme es im Magen zu weniger Entzündungen.

Dieser Effekt klingt jedoch ab, wenn die chronische Phase beginnt. Während diese Phase bei einer alleinigen Schistosomen-Infektion oft mit Leberschäden verbunden ist, sind diese bei Co-Infektionen seltener. Bei ihren Untersuchungen stellten Prazeres da Costa und Gerhard im Blut von Mäusen, die mit den Bakterien infiziert waren, erhöhte Mengen des Botenstoffs IL-13dRa2 fest. „IL-13dRa2 kann vor Zirrhosen schützen und die Gewebsveränderungen sogar umkehren“, sagt Prazeres da Costa. „Wir glauben deshalb, dass sie entscheidend dazu beitragen, dass bei einer Co-Infektion weniger Leberzirrhosen auftreten.“

Mögliche Auswirkungen auf Impfungen

Im Alltag infizieren sich viele Betroffene immer wieder aufs Neue mit Schistosomen, weil sie wiederholt mit von Würmern befallenem Wasser in Kontakt kommen. „Dadurch ist die Umleitung der T-Zellen in die Leber nicht zeitlich begrenzt – chronische und akute Phase existieren gleichzeitig“, erläutert Prazeres da Costa.

Die Wechselwirkungen bei einer Co-Infektion mögen zunächst nach einem positiven Nebeneffekt klingen: Betroffene leiden zwar an zwei Krankheiten, dafür sind die negativen Auswirkungen scheinbar abgeschwächt. „Co-Infektionen können aber zusätzliche Konsequenzen haben. Beispielsweise könnte die veränderte Immunantwort die Wirksamkeit von Impfungen einschränken“, sagt Gerhard. „Von Co-Infektionen sind gerade in ärmeren Regionen viele Menschen betroffen“, fügt Prazeres da Costa hinzu. „Wir brauchen dringend weitere Studien zu ihren Effekten und zu Möglichkeiten, mit diesen umzugehen, zum Beispiel um neue, wirksamere Impfstrategien zu entwickeln.“