Schlaf als Schlüssel zum Verständnis von ME/CFS

Forschende aus Mannheim untersuchen, wie schlafbezogene Biomarker neue Einblicke in ME/CFS liefern könnten. (Symbolbild: © Oleg/stock.adobe.com)

Forschende aus Mannheim untersuchen die Rolle schlafbezogener Biomarker bei der Entstehung der Myalgischen Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS). Ziel ist es, die Mechanismen und Ursachen der Erkrankung besser zu verstehen, um den Weg für personalisierte Therapieansätze zu bereiten.

Im Rahmen der COVID-19-Pandemie kam es als Teil des Krankheitsspektrums von Post-COVID zu einem deutlichen Anstieg der Zahl an ME/CFS-Betroffenen. Trotz der hohen Krankheitslast sind klinische Behandlungsmöglichkeiten bislang nur sehr begrenzt vorhanden – auch weil grundlegende biologische Erkenntnisse zur Erkrankung fehlen.

Schlaf als Fenster zur Gehirnfunktion

Der Forschungsverbund „Sleep-Neuro-Path“ verfolgt deshalb das Ziel, biologische Mechanismen von ME/CFS besser zu verstehen. Dafür unterstützt das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) den Forschungsverbund mit rund 1,6 Millionen Euro. Unter Koordination des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim untersucht ein Team von Wissenschaftlern gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT in Oldenburg, dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel und der Kinderklinik des Marien-Hospitals Wesel die Rolle schlafbezogener Biomarker bei der Entstehung der Erkrankung ME/CFS. Dafür analysieren die Forschenden spezifische Merkmale der Gehirnaktivität im Schlaf, die Rückschlüsse auf Funktionsstörungen neuronaler Netzwerke geben. Vor allem die Analyse von Elektroenzephalogrammen (EEG) ist dabei hilfreich. So sollen Veränderungen in der Gehirnaktivität sichtbar gemacht werden. Diese könnten neue Hinweise auf krankheitsbedingte Prozesse liefern.

Prädiktoren für ME/CFS auf individueller Ebene identifizieren

„Unser Fokus liegt darauf zu untersuchen, wie sich bestimmte Schlafmerkmale mit Ergebnissen aus bildgebenden Verfahren, biochemischen Analysen und genetischen Risikoprofilen in Zusammenhang bringen lassen“, erklärt Dr. Claudia Schilling, Koordinatorin des Forschungsverbunds „Sleep-Neuro-Path“. Dabei kommt auch eine Untersuchung des Gehirnstoffwechsels mithilfe von 7-Tesla-Magnetresonanzspektroskopie zum Einsatz. „Diese Kombination ermöglicht es uns, potenzielle Prädiktoren für ME/CFS auf individueller Ebene zu identifizieren“, verdeutlicht Schilling weiter. So könnte den Autoren zufolge langfristig der Weg zu einer personalisierten Therapie geebnet werden.

Mobile EEG-Messungen bei Jugendlichen in häuslicher Umgebung

Ein besonderer Schwerpunkt des Forschungsverbundes liegt auf der Untersuchung von schwer erkrankten Jugendlichen. Hierzu arbeitet das Konsortium mit einer Klinik für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt ME/CFS am Marien-Hospital Wesel zusammen. Das Fraunhofer IDMT setzt ein mobiles EEG-System ein, das eine belastungsarme Aufzeichnung der Gehirnaktivität über ein Mehrkanal-EEG im Schlaf in vertrauter Umgebung ermöglicht. „Unsere flexiblen EEG-Elektrodensysteme werden einfach im Gesichtsbereich wie ein Pflaster aufgeklebt und stören dadurch weniger im Schlaf als bekannte Sensorik aus dem Schlaflabor. Die Belastung für sensible und schwer erkrankte Patientengruppen soll so möglichst gering gehalten werden“, erklärt Dr. Insa Wolf, Leiterin der Gruppe Mobile Neurotechnologien am Fraunhofer IDMT.

Daneben bringt auch das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel seine Expertise in der Analyse schlafbezogener und Blut-basierter Biomarker ein.