Schlaf und längere Bettzeit können depressive Symptome verschlechtern14. Oktober 2020 Foto: Katarzyna Bialasiewicz photographee.eu – stock.adobe.com Schlaf und Depression hängen eng zusammen: Schlafen oder im Bett zu dösen führen bei einigen Patienten nicht zu Erholung, sondern zu einer Verschlechterung der depressiven Symptome. Das zeigt die neueste Studie des Forschungszentrums Depression der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Eine neue Analyse von Längsschnittdaten, die von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe zusammen mit IT-Partnern erhoben worden, zeigt, wie eng der Zusammenhang zwischen Schlaf und Stimmung ist. Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Pilotprojektes (STEADY-Projekt) dokumentierten 22 an Depression erkrankte Studienteilnehmer an durchschnittlich 173 Tagen mithilfe einer App ihre Bett- und Schlafzeiten sowie ihre depressiven Symptome. Dabei zeigte sich: Bei elf dieser Patienten ging in statistisch signifikanter Weise eine längere Bett- oder Schlafzeit mit einer Verschlechterung der Depression einher. Wobei bei sechs von ihnen eine vorhergehende längere Bettzeit zu mehr depressiven Symptomen führte und diese damit möglicherweise sogar verursacht wurden. „Wenn Betroffene bei sich den Zusammenhang zwischen Depression und Bettzeit verstehen, dann können in Rücksprache mit dem Behandler daraus ganz individuelle Therapieempfehlungen abgeleitet werden. Beobachtet ein Patient beispielsweise, dass er sich nach längeren Bett- oder Schlafzeiten noch erschöpfter fühlt, so kann eine Verkürzung der Bettzeit auf circa 8 Stunden sinnvoll sein“, erläutert Prof. Ulrich Hegerl, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Inhaber der Senckenberg-Professur an der Universität Frankfurt/M. die Ergebnisse. Aktuell arbeitet die Stiftung Deutsche Depressionshilfe an einer App, die Patienten zur Dokumentation des Schlafverhaltens und der Stimmung zur Verfügung gestellt werden kann. Die App soll 2021 kostenfrei zugänglich sein. Warum depressiv Erkrankte Ruhe suchen Depressive Menschen sind häufig von einer chronisch erhöhten Wachheit betroffen. Patienten fühlen sich dauerhaft angespannt wie vor einer Prüfung, können nicht entspannen und kommen trotz Müdigkeit nur schwer zur Ruhe. Betroffene steuern gegen, indem sie sich zurückziehen und alle weiteren äußeren Reize wie soziale Kontakte oder laute Musik vermeiden. Sie neigen dazu, früher ins Bett zu gehen, morgens länger liegen zu bleiben und sich auch tagsüber hinzulegen – immer in der Hoffnung, zu entspannen und wieder zu Kräften zu kommen. Allerdings beginnt ein Teufelskreis: Denn Schlaf führt bei vielen Betroffenen zu einer Zunahme der Depression, da nach dem Schlaf die Wachheit gestärkt und die Anspannung besonders hoch ist. Bei vielen Betroffenen sind deshalb morgens die Depressionssymptome am stärksten. Schlafentzug wirkt antidepressiv Für viele Patienten ist Schlafentzug eine etablierte Behandlungsform der Depression, die in vielen Kliniken angeboten wird. Patienten bleiben eine ganze Nacht oder die zweite Nachthälfte wach und sollen auch den nächsten Tag über nicht schlafen. Die Mehrheit der Patienten erlebt dabei, dass sich in den frühen Morgenstunden die Stimmung plötzlich aufhellt und die oft seit Monaten bestehende Erschöpfung und auch die Hoffnungslosigkeit abklingen. Dieser Effekt hält jedoch nur bis zum nächsten Schlaf an. „Der Schlafentzug zeigt den Erkrankten, dass die Depression durchbrochen werden kann und vermittelt dadurch wieder Hoffnung“ erläutert Hegerl. Auch Sport ist eine gute unterstützende Maßnahme bei Depression, da Bewegung müde macht und der hohen Wachheit entgegenwirkt. Originalpublikation: Lorenz N et al. Temporal Associations of Daily Changes in Sleep and Depression Core Symptoms in Patients Suffering From Major Depressive Disorder: Idiographic Time-Series Analysis. JMIR Ment Health 2020;7(4):e17071.
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