Schlüssel gegen die Metastasierung von Pankreaskarzinomen gefunden

Ein Pankreastumor besteht nicht nur aus einem Typus von Zelle: Krebszellen (grün) sind mit Blutgefäßen (rot) und Matrixfasern (violett) verwoben. (Foto: © Max Nobis)

Ein internationales Forscher-Team hat herausgefunden, wie aggressive Pankreaskarzinomzellen ihre Umgebung verändern, um eine einfache Metastasierung zu ermöglichen – die Haupttodesursache bei Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Die Forscher stellten fest, dass einige Pankreastumoren größere Mengen des Moleküls Perlecan produzieren, um ihre Umgebung umzugestalten. Dadurch können sich Krebszellen leichter auf andere Körperregionen ausbreiten und sind auch vor einer Chemotherapie geschützt. In einem Mausmodell zeigten die Forscher, dass eine Senkung des Perlecan-Spiegels eine Verringerung der Ausbreitung von Bauchspeicheldrüsenkrebs und ein verbessertes Ansprechen auf eine Chemotherapie bewirkte.

Die von Paul Timpson, Leiter des Invasion and Metastasis Laboratory, und Dr. Thomas Cox, Leiter der Matrix and Metastasis Group am Garvan Institute of Medical Research, geleitete Studie könnte einen vielversprechenden neuen Weg für wirksamere Behandlungsoptionen des Pankreaskarzinomes und anderer Krebserkrankungen darstellen.

„Bauchspeicheldrüsenkrebs ist sehr aggressiv und zum Zeitpunkt der Diagnose ist der Tumor oft nicht mehr operabel“, erklärt Timpson. „Was wir in dieser Studie entdeckt haben, ist ein zweigleisiger Ansatz zur Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs, von dem wir glauben, dass er die Effizienz der Chemotherapie verbessert und dabei helfen kann, das Voranschreiten und die Ausbreitung von Tumoren zu verringern.“

Bauchspeicheldrüsenkrebs verändert seine Umgebung

In den frühen Stadien zeigen Pankreaskarzinome häufig keine offensichtlichen Anzeichen oder Symptome, und wenn eine entsprechende Erkrankung diagnostiziert wird, hat sie sich häufig schon über die Bauchspeicheldrüse hinaus ausgebreitet. Das von Garvan geleitete Team untersuchte, warum sich einige Bauchspeicheldrüsenkrebsarten ausbreiten, während andere lokal zu verbleiben scheinen. In ihrer Studie gingen die Forscher einen ungewöhnlichen Weg – sie verglichen das Gewebe um Tumorzellen herum sowohl bei metastasierenden als auch bei nicht metastasierenden Pankreaskarzinomen. Dieses als „Matrix“ bezeichnete Gewebe wirkt wie ein Klebstoff, der verschiedene Zellen in einem Organ oder in einem Tumor zusammenhält.

Mithilfe von Mausmodellen extrahierte das Team Fibroblasten aus metastasierenden und nicht metastasierenden Pankreastumoren. Durch Mischen dieser verschiedenen Fibroblasten mit Krebszellen stellten die Forscher fest, dass sich Krebszellen eines nicht metastasierenden Tumors bemerkenswerterweise ausbreiteten, wenn sie mit Fibroblasten eines metastasierenden Tumors gemischt wurden.

„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass einige Bauchspeicheldrüsenkrebszellen die Fibroblasten in und um den Tumor ‘ausbilden’ können. Dadurch können die Fibroblasten die Matrix umbauen und mit anderen, weniger aggressiven Krebszellen auf eine Weise interagieren, die die Ausbreitungsfähigkeit der Krebszellen unterstützt“, erläutert Erstautorin Dr. Claire Vennin. „Dies bedeutet, dass in einem wachsenden Tumor selbst eine geringe Anzahl aggressiver metastatischer Zellen – sozusagen einige schlechte Äpfel – dazu beitragen kann, die Ausbreitung anderer, weniger aggressiver Krebszellen zu steigern.“

Tumormatrix im Fokus

Um zu untersuchen, wie verhindert werden kann, dass Bauchspeicheldrüsenkrebszellen die Matrix um sie herum umbauen, untersuchte das Team die Fibroblasten noch genauer. Mithilfe modernster Massenspektrometrie-Verfahren entdeckten die Forscher mehrere Moleküle, bei denen die Fibroblasten von metastasierten Tumoren in signifikant höheren Mengen produziert wurden als die Fibroblasten von nicht metastasierten Tumoren. „Wir entdeckten einen bisher unbekannter Satz von Matrixmolekülen, mit denen aggressive Bauchspeicheldrüsenkrebszellen das Gewebe um sie herum formen, um sie vor Chemotherapie zu schützen und ihnen eine leichtere Flucht im Körper zu ermöglichen“, erklärt Cox.

Mithilfe von Gen-Editing-Verfahren reduzierten die Wissenschaftler in Mausmodellen eines aggressiven metastasierten Pankreaskarzinoms den Spiegel des Moleküls Perlecan. Unter Verwendung moderner Live-Imaging-Techniken verfolgten die Forscher einzelne Krebszellen und stellten fest, dass eine Senkung des Perlecan-Spiegels nicht nur die Ausbreitung von Krebszellen senkte, sondern dass Tumore auch besser auf eine Chemotherapie ansprachen.

Eine ungenutzte Ressource

„Wir glauben, dass es von großem Vorteil ist, die Fibroblasten eines Tumors anzugehen und gleichzeitg oder in Kombination die  Krebszellen selbst mittels Chemotherapie zu bekämpfen“, sagt Vennin. „Wenn wir die aggressiven Fibroblasten bei Patienten mit präzisen genetischen Veränderungen gezielt bekämpfen können, wäre es möglich, sie anfälliger für unsere derzeit zugelassenen Behandlungen zu machen, was die Therapie dieser aggressiven Krebserkrankung erheblich verändern würde.“

Die Forscher sagen, dass das Targeting von Perlecan oder anderen Matrixmolekülen, die beim Umbau des Gewebes von metastasierenden Tumoren helfen, nicht nur bei Bauchspeicheldrüsenkrebs, sondern auch bei Prostata- und Brustkrebs wirksam sein kann. „Die meisten Krebstherapien zielen heutzutage auf die Bekämpfung von Krebszellen selbst ab. Das Umfeld von Tumoren ist eine potenzielle unerschlossene Ressource für die Krebstherapie und eine, die wir weiter erforschen wollen“, unterstreicht Timpson.