Schneller und sicherer Ausschluss eines Herzinfarkts durch KI-Algorithmus und Schnelltest

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Mithilfe eines Troponin-Schnelltests in Kombination mit Maschinellem Lernen kann ein Herzinfarkt aktuellen Erkenntnissen zufolge schneller und effizienter als bislang ausgeschlossen werden.

Das konnten Forscher des Universitären Herz- und Gefäßzentrums des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE), des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) sowie der Cardio-CARE in Davos (Schweiz) nachweisen. Der dafür genutzte personalisierte Algorithmus Artificial Intelligence in Myocardial Infarction Study (ARTEMIS) kann unabhängig von großen Versorgungsstrukturen im ambulanten und präklinischen Bereich durchgeführt werden und könnte so zu einer Entlastung der Notaufnahmen der Krankenhäuser beitragen. Die Studienergebnisse wurden im Fachmagazin „Lancet Digital Health“ veröffentlicht und auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in London vorgestellt.

Troponinbestimmung in acht Minuten

Brustschmerzen sind ein wesentliches Symptom eines Herzinfarkts und die weltweit häufigste Ursache für die Einlieferung in die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Jedoch haben nur fünf bis 25 Prozent dieser symptomatischen Patienten tatsächlich einen akuten Myokardinfarkt, der eine sofortige Behandlung benötigt. Um einen akuten Herzinfarkt zu erkennen oder auszuschließen, wird der hochsensitive Troponinwert im Blut des Betroffenen ermittelt. Internationale Leitlinien empfehlen zur Diagnose eines Herzinfarkts laborbasierte Troponintests, deren Auswertung jedoch bis zu 60 Minuten dauert und keine individuellen Patienteninformationen wie beispielsweise Alter und Geschlecht berücksichtigt. Die neuen Troponin-Schnelltests ermöglichen in Form von Point-of-Care(POC)-Tests eine Messung des Troponinwertes innerhalb von etwa acht Minuten.

Sicherer Ausschluss eines Herzinfarkts

Die Forscher konnten nachweisen, dass mit diesen Schnelltests eine präzise, effiziente Herzinfarktdiagnostik möglich ist, wenn diese in einen personalisierten KI-Algorithmus eingebettet werden. Dann war eine einzige Troponin-Schnelltestbestimmung dem standardmäßig empfohlenen Diagnoseverfahren sogar überlegen. Für ihre Studie nutzten die Wissenschaftler Daten von mehr als 2500 Patienten aus den USA und Australien.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass mit Hilfe des Algorithmus bei mehr als doppelt so vielen Patienten (circa 35 Prozent) schneller ein Herzinfarkt ausgeschlossen werden kann als mit den in den herkömmlichen Leitlinien empfohlenen Diagnoseverfahren (ca. 14–15 %) und das bei gleichbleibend hoher Sicherheit von nahezu 100 Prozent“, sagt Erstautorin Dr. Betül Toprak, Klinik und Poliklinik für Kardiologie des Universitären Herz- und Gefäßzentrums des UKE. Auch bei etwa 20 Prozent der Patienten mit frühem Brustschmerzbeginn, bei denen bisher eine zweite Troponinmessung nach ein oder zwei Stunden gemäß Leitlinienempfehlung obligatorisch war, ermöglicht der ARTEMIS-Algorithmus den sicheren Ausschluss eines Herzinfarkts.

Anwendbarkeit außerhalb der Klinik

„Perspektivisch kann der Einsatz von KI in Kombination mit dem Schnelltest zu einer Entlastung der Notaufnahmen der Krankenhäuser beitragen. Patienten mit geringem Herzinfarktrisiko könnten in präklinischen, ambulanten oder geografisch isolierten Versorgungsbereichen sicher erkannt werden und müssten keiner Notfallversorgung in einer Chest Pain Unit zugeleitet werden“, sagt Studienleiter Prof. Stefan Blankenberg, Direktor der Klinik für Kardiologie und Ärztlicher Leiter des Universitären Herz- und Gefäßzentrums des UKE.