Schützen uns Darmbakterien bei ungesunder Ernährung vor Diabetes?10. Dezember 2025 Darmbakterien reagieren auf unsere Ernährung und beeinflussen so das Immunsystem. Symbolbild: Muin/stock.adobe.com Das Immunsystem reagiert auf fettige Ernährung mit einer Entzündungsreaktion, die auf Dauer zu einer Insulinresistenz führen kann. Ein mikrobielles Stoffwechselprodukt unterbricht diesen Prozess – und könnte vor Diabetes schützen. Eine fettreiche Ernährung führt zu einer Ansammlung bakterieller Bestandteile, die nachfolgend das Immunsystem aktivieren und Entzündungen auslösen. Dieser Prozess begünstigt eine Insulinresistenz und die Entstehung von Diabetes. Herausgefunden hat das ein Forschungsteam um den damaligen Postdoktorand Patrice Cani, die Ergebnisse wurden 2007 in der Fachzeitschrift „Diabetes“ veröffentlicht. Rund 20 Jahre später ist Cani, inzwischen Professor an der Universität Louvain (Belgien) und am Imperial College London (Großbritannien), ein weiterer Durchbruch gelungen. Zusammen mit einem internationalen Team entdeckte er, wie man diesem Prozess entgegenwirken kann: mithilfe des mikrobiellen Stoffwechselproduktes Trimethylamin (TMA). Die neuen Ergebnisse wurden jüngst in „Nature Metabolism“ veröffentlicht. IRAK4 schlägt bei ungesunder Ernährung Alarm TMA kann von Darmbakterien aus dem Nährstoff Cholin produziert werden. Die Forschenden identifizierten TMA nun als natürlichen Inhibitor des Proteins IRAK4 (Interleukin-1-Rezeptor-assoziierte Kinase 4), das eine Schlüsselrolle im Immunsystem spielt. Normalerweise löst eine fettreiche Ernährung über IRAK4 eine Signalkaskade aus, angestoßen vom Toll-like-Rezeptor 4 (TLR4). Dieser reagiert vor allem auf ungesättigte Fettsäuren und bakterielles Lipopolysaccharid (LPS). Das Problem: Eine dauerhafte Überlastung, wie sie häufig bei Typ-2-Diabetes auftritt, führt zu einer Überreaktion von IRAK4. Diese verursacht eine Kettenreaktion von Entzündungen, die schließlich eine Insulinresistenz begünstigen. Trimethylamin verbessert die Blutzuckerkontrolle Durch die Kombination von humanen Zellmodellen, Mausversuchen und molekularem Target-Screening entdeckten die Wissenschaftler, dass TMA direkt an IRAK4 binden und dessen Aktivität blockieren kann. Die direkte Folge ist eine Reduktion fettbedingter Entzündungen und eine Wiederherstellung der Insulinsensitivität. Im Wesentlichen werden die negativen Stoffwechselreaktionen, die durch eine ungesunde Ernährung verursacht werden, also umprogrammiert. Tatsächlich kann TMA sogar die durch Sepsis bedingte Mortalität bei Mäusen verhindern. Im Gegensatz zu seinem Leber-Co-Metaboliten Trimethylamin-N-oxid (TMAO), der mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht wird, scheint TMA demnach den Immuntonus und die glykämische Kontrolle zu verbessern. „Das stellt unsere bisherige Sichtweise auf den Kopf“, ergänzt Ko-Seniorautor Prof. Marc-Emmanuel Dumas. „Wir haben einen neuen Mechanismus entschlüsselt, wie ein Molekül unserer Darmbakterien vor den schädlichen Auswirkungen einer ungesunden Ernährung schützen kann. Das eröffnet uns eine neue Perspektive darauf, wie das Mikrobiom unsere Gesundheit beeinflusst.“ Neue Therapiestrategien gegen Diabetes Das Team beobachtete außerdem, dass die genetische Deletion oder pharmakologische Inhibition von IRAK4 die positiven Effekte des bakteriellen Metaboliten reproduzieren konnte. Da IRAK4 in der pharmazeutischen Industrie bereits als Zielmolekül validiert ist, eröffnen sich durch die Erkenntnisse auch neue therapeutische Möglichkeiten bei Diabetes. Ernährungsstrategien oder Medikamente, die die TMA-Produktion steigern, könnten zudem einen neuen Ansatz im Kampf gegen Insulinresistenz und deren Komplikationen bieten. „Was wir essen, beeinflusst unsere Darmflora, und einige ihrer Moleküle können uns vor Diabetes schützen. Das ist Ernährung in Aktion!“, resümiert Cani abschließend. (mkl/BIERMANN) Das könnte Sie außerdem interessieren: Morbus Crohn: Darmmirkobiom zurück ins Gleichgewicht Süßer Zahn: Wie die Migration von Blutzucker die Kariesentwicklung bei Diabetes beeinflusst
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