Sepsis mit niedrigem Risiko: Früher Wechsel zu Tabletten offenbar möglich

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Einer aktuellen Studie in „The Lancet Infectious Diseases“ zufolge ist bei Patientinnen und Patienten mit Blutstrominfektionen durch Staphylococcus aureus und niedrigem Risiko für das Auftreten von Infektionskomplikationen der Wechsel auf eine orale Antibiotikatherapie sicher und wirksam.

Das Bakterium S. aureus ist weltweit einer der häufigsten Krankheitserreger, der schwere Blutvergiftungen verursachen kann. Schätzungsweise 30.000 Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr allein an dieser Infektion, etwa 25 Prozent der Betroffenen versterben in den ersten drei Monaten. Die herkömmliche Behandlung von S.-aureus-Blutstrominfektionen (SAB) erfolgt für mindestens 14 Tage mit intravenös verabreichten Antibiotika im Krankenhaus. Die aktuelle Untersuchung der Forschungsgruppe fokussierte sich auf die Frage, ob bei Patientinnen und Patienten mit SAB eine orale Therapie mit Tabletten genauso effektiv ist wie die herkömmliche intravenöse Behandlung.

Die internationale klinische Studie stand unter der Leitung der Professoren Achim Kaasch, Leiter des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und Harald Seifert, ehemaliger stellvertretender Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene der Uniklinik Köln und Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). Die Untersuchung erhielt eine Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

„Wir haben herausgefunden, dass eine frühzeitige Umstellung auf eine orale Antibiotikatherapie nach fünf bis sieben Tagen einer intravenösen Behandlung genauso sicher und wirksam ist, wie die etablierte intravenöse Standardtherapie“, fasst Kaasch die Studienergebnisse zusammen. Dennoch sei laut dem Mikrobiologen eine sorgfältige Beurteilung der Betroffenen auf Anzeichen und Symptome erforderlich, um zu klären, ob Infektionskomplikationen bereits vorliegen. Nur wenn diese ausgeschlossen sind, könne eine orale Umstellungstherapie in Betracht gezogen werden.

Konkret handelte es sich um eine multizentrische, kontrollierte klinische Nichtunterlegenheits-Studie, die an 31 Standorten in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Spanien durchgeführt wurde. Eine Nichtunterlegenheits-Studie soll zeigen, dass eine neue Behandlungsmethode gleichwertige Ergebnisse zur etablierten Behandlung erzielt. Die Studienverantwortlichen prüften mehr als 5000 Patientinnen und Patienten auf Eignung und schlossen 213 in ihre Studie ein, wobei sie randomisiert 108 der oralen Gruppe und 105 der intravenösen Gruppe zuteilten.

Den Forschenden zufolge markieren die Ergebnisse einen entscheidenden Fortschritt in der Behandlung von SAB und bieten Hoffnung auf eine verbesserte Versorgung von Patientinnen und Patienten weltweit. „Mit diesen Erkenntnissen eröffnet sich die Möglichkeit, die Behandlung zu vereinfachen und Patientinnen und Patienten schneller zu entlassen“, betont Kaasch.

In weiteren Studien wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedene Fragen zur Diagnose und Behandlung von SAB untersuchen. „Besonders relevant ist nun die Prüfung einer Umstellung auf eine orale antibiotische Therapie nach initialer intravenöser Behandlung auch bei Patient*innen mit komplizierten SAB“, erläutert Seifert von der Kölner Universitätsmedizin und Initiator der Studie. „Dazu liegen bislang noch keine Erkenntnisse vor.“