Stammzellbasierte Parkinson-Therapie liefert vielversprechende Ergebnisse

Lewy-Körperchen lassen bei der Parkinson-Krankheit dopaminproduzierende Neurone absterben. (Foto: © Lars Neumann -stockadobe.com)

In bestimmte Hirnbereiche implantiert, können aus Stammzellen gewonnene neuronale Vorläuferzellen zu einer klinischen Verbesserung bei Parkinson führen. Darauf deuten neue Forschungsergebnisse aus den USA und Japan hin, auf die die Deutsche Gesellschaft für Neurologie hinweist.

Eine wichtige Säule der Parkinsontherapie stellt die Gabe von Levodopa (L-Dopa) dar, mit der die motorischen Symptome zunächst gut abgefangen werden können. Im Verlauf der Erkrankung kommt es allerdings vermehrt zu „On-Off-Fluktuationen“. Da im Krankheitsverlauf immer mehr Neurone absterben, die L-Dopa zum eigentlichen Botenstoff Dopamin umwandeln können, schreitet die Krankheit trotz Medikation voran.

Ein neuer Therapieansatz adressiert genau dieses Problem und könnte eine dauerhafte Lösung darstellen: Statt den Botenstoff Dopamin durch den Vorläufer L-Dopa zu supplementieren, werden aus Stammzellen gewonnene Zellen in einen für die Motorik zuständigen Bereich der Basalganglien, dem Striatum implantiert, die sich zu dopaminergen Neuronen entwickeln, selbst Dopamin ausschütten und dieses zur Signalübertragung verwenden. „Dieser Ansatz könnte die Parkinson-Therapie revolutionieren, da damit in den Pathomechanismus der Erkrankung eingegriffen wird. Wenn es gelingt, untergegangene Nervenzellen nachhaltig zu ersetzen, könnte das darüber hinaus eine Relevanz ungeahnten Ausmaßes für andere neurodegenerative Erkrankungen haben“, erklärt Prof. Lars Timmermann, Past-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN).

Aktuell wurden zwei Studien publiziert, eine Phase-I-Studie aus den USA1 und eine Phase-I/II-Studie aus Japan2, die diesen innovativen Therapieansatz untersucht haben – beide mit ermutigenden Ergebnissen.

In der amerikanischen Studie1 wurden humane embryonale Stammzellen in vitro zu dopaminergen neuronalen Vorläuferzellen differenziert, welche beidseitig in das Putamen transplantiert wurden. Die zwölf Patientinnen und Patienten wurden in zwei Gruppen unterteilt – die eine erhielt das Zellprodukt in niedriger Dosierung (0,9 Millionen Zellen; n=5), die zweite in hoher (2,7 Millionen; n=7). Alle Studienteilnehmenden erhielten darüber hinaus über ein Jahr lang Immunsuppressiva, um Abstoßungsreaktionen zu vermeiden. Im Ergebnis erwies sich die Therapie als sicher (primärer Endpunkt der Studie) – und effektiv (sekundärer Endpunkt): Nach 18 Monaten stieg die Aufnahme von 18F-DOPA im Putamen in der Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Es waren also mehr dopaminerge Neurone vorhanden, die Dopamin-Vorstufen aufnehmen können, was auf ein Überleben der transplantierten Zellen hindeutet. Auch kam es zu einer Verbesserung der klinischen Endpunkte: Im Durchschnitt verbesserte sich das Ergebnis in der Hochdosis-Kohorte im motorischen Teil der „Movement Disorder Society – Unified Parkinson’s Disease Rating Scale“ (MDS-UPDRS) um 23 Punkte – und es kam unter der Therapie nicht zu Dyskinesien.

In der japanischen Studie2 wurden dopaminerge neuronale Vorläuferzellen für die Transplantation ins Striatum verwendet, welche zuvor in vitro aus induzierten pluripotenten Stammzellen gewonnen worden waren. Auch in dieser Studie kam es nicht zu schweren Nebenwirkungen und es zeigte sich, dass die Vorläuferzellen nach Transplantation überlebten und sich die 18F-DOPA-Aufnahme im Putamen durchschnittlich um circa 45 Prozent erhöhte. Auch klinisch profitierten fünf der sechs Patientinnen und Patienten, was sich anhand besserer MDS-UPDRS-Werte nach 24 Monaten zeigte.

„Nach vielen Enttäuschungen bei Stammzell-Therapien demonstrieren diese neuen Studien die Machbarkeit bei der Parkinson-Krankheit. Nun müssen größere Studien untersuchen, ob die Ergebnisse nachhaltig sind und es einen dauerhaften Therapieeffekt gibt“, erklärt Timmermann. „Als Ursache für den Untergang der Nervenzellen im Verlauf der Parkinson-Krankheit wird die Bildung von Alpha-Synnuclein und Einschlusskörperchen angenommen. Und dieses Schicksal könnte möglicherweise auch die transplantierten Vorläuferzellen treffen, wenn sie der erkrankten Zellumgebung ausgesetzt werden. In einer Studie, in der Menschen mit Parkinson-Krankheit eine Transplantation von fetalem Mittelhirngewebe erhalten hatten, waren bei manchen von ihnen solche Einschlusskörperchen auch in den transplantierten Zellen nachweisbar, allerdings erst nach mehr als 10 Jahren.3 Unsere Forschung an der Universität Marburg in Zusammenarbeit mit US-Forscherinnen und -Forschern4 weist ebenfalls darauf hin, dass dopaminerge Neurone durch den Kontakt mit Bestandteilen der Einschlusskörperchen ‚angesteckt‘ werden können. Die kleinen Fragmente stoßen die Bildung der Einschlusskörperchen an und stören den Stoffwechsel der Zelle, was letztlich zu einer Degeneration führt. Es bleibt daher abzuwarten, ob die neuronalen Vorgängerzellen auch im Milieu der erkrankten Zellumgebung, wo solche Einschlusskörperchen-Fragmente vorhanden sind, gesund bleiben. Dass das in den vorliegenden Studien über 18 und 24 Monate der Fall war, ist ein ermutigendes Ergebnis.“