Stammzellen reparieren Mäusehirn nach Schlaganfall17. September 2025 Humane neuronale Stammzellen in Zellkultur: Die Zellkerne sind blau, das neuronale Stammzell-spezifische Filamentprotein Nestin grün und der Transkriptionsfaktor Sox1 rot dargestellt. (Quelle: © Universität Zürich) Die Transplantation von Stammzellen kann Schlaganfall-Schäden rückgängig machen, wie Forschende der Universität Zürich berichten. Zu den positiven Effekten gehört die Wiederherstellung von Nervenzellen und motorischen Funktionen. Einer von vier Erwachsenen erleidet im Laufe seines Lebens einen Schlaganfall, etwa die Hälfte trägt bleibende Schäden wie Lähmungen oder Sprachstörungen davon. Denn durch Einblutungen oder mangelnde Sauerstoffversorgung sterben Hirnzellen unwiederbringlich ab. Zurzeit existiert keine Behandlung, um solche Schäden zu reparieren. „Daher ist es essenziell, neue therapeutische Ansätze für eine mögliche Hirnregeneration nach Krankheit oder Unfall zu verfolgen“, erklärt Christian Tackenberg, wissenschaftlicher Abteilungsleiter in der Gruppe Neurodegeneration am Institut für Regenerative Medizin der Universität Zürich (UZH), Schweiz. Das Potenzial dazu haben neuronale Stammzellen, wie ein Team um Tackenberg und Postdoktorandin Rebecca Weber in Kollaboration mit der Gruppe von Ruslan Rust von der University of Southern California, USA, jetzt in zwei Studien eindrücklich belegt. „Unsere Resultate zeigen, dass neuronale Stammzellen nicht nur neue Nervenzellen ausbilden, sondern auch weitere Regenerationsprozesse in Gang setzen“, berichtet Tackenberg. Neue Nervenzellen aus Stammzellen Für die Studie kamen menschliche neuronale Stammzellen zum Einsatz, aus denen sich unterschiedliche Zelltypen des Nervensystems bilden können. Die Stammzellen wurden aus induzierten pluripotenten Stammzellen gewonnen, die sich wiederum aus normalen menschlichen Körperzellen herstellen lassen. Für die Untersuchung lösten die Forschenden einen permanenten Schlaganfall in Mäusen aus, dessen Merkmale einem Hirninfarkt beim Menschen stark ähneln. Die Tiere waren genetisch so modifiziert, dass die menschlichen Stammzellen nicht abgestoßen wurden. Eine Woche nach dem Schlaganfall transplantierte das Team neuronale Stammzellen in die betroffenen Hirnregionen und beobachtete die Entwicklung mit einer Vielzahl an bildgebenden und biochemischen Methoden. „Es zeigte sich, dass die Stammzellen den gesamten Analysezeitraum von fünf Wochen überlebten und sich größtenteils zu Nervenzellen umbildeten − die sogar mit den bereits vorhandenen Hirnzellen kommunizierten“, schildert Tackenberg. Gehirn regeneriert sich Zudem fanden die Forschenden weitere Kennzeichen von Regeneration: die Neubildung von Blutgefäßen, die Reduktion von Entzündungsprozessen sowie eine verbesserte Integrität der Blut-Hirn-Schranke. „Unsere Analyse geht damit deutlich über den Umfang anderer Arbeiten hinaus, die sich auf die unmittelbaren Effekte direkt nach einer Transplantation konzentrierten“, betont Tackenberg. Erfreulicherweise machte die Stammzelltransplantation bei den Mäusen auch die motorischen Einschränkungen rückgängig, die der Schlaganfall verursacht hatte. Der Nachweis erfolgte unter anderem mit einer KI-gestützten Ganganalyse. Klinische Anwendung rückt näher Beim Studiendesign hatte Tackenberg die klinische Anwendung beim Menschen schon im Blick. So wurden die Stammzellen beispielsweise ohne Reagenzien hergestellt, die von Tieren stammen. Ein definiertes Protokoll dafür hat das Zürcher Forschungsteam in Zusammenarbeit mit dem Center for iPS Cell Research and Application (CiRA) der Universität Kyoto, Japan, entwickelt. Dies ist wichtig für eine potenzielle Anwendung der Therapie am Menschen. Eine ebenfalls neue Erkenntnis: Die Stammzelltransplantation funktioniert besser, wenn sie nicht direkt nach dem Schlaganfall, sondern erst eine Woche später durchgeführt wird, wie die zweite Studie nachwies. In der Klinik könnte dieses Zeitfenster die Vorbereitung und Durchführung einer Therapie maßgeblich erleichtern. Trotz der positiven Resultate gäbe es aber noch einiges zu tun, warnt Tackenberg. „Wir müssen die Risiken minimieren und eine potenzielle Anwendung im Menschen vereinfachen.“ Ebenfalls in Zusammenarbeit mit Rust arbeitet seine Gruppe derzeit an einer Art Sicherheitssystem, das ein unkontrolliertes Wachstum von Stammzellen im Hirn verhindert. In Entwicklung ist auch die Verabreichung der Stammzellen durch Injektion ins Blut, was viel praktikabler wäre als eine Hirn-Implantation. In Japan gibt es bereits erste klinische Studien, die Parkinson-Krankheit beim Menschen mit induzierten Stammzellen zu therapieren, wie Tackenberg berichtet. „Der Schlaganfall könnte eine der nächsten Krankheiten sein, für die eine solche Studie möglich wird.“
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