„Stuhl-Banking“: Forschende schlagen vor, Stuhlproben systematisch für spätere autologe Mikrobiomtransfers zentral zu sammeln1. Juli 2022 Abbildung: © absent84/stock.adobe.com Wissenschaftler sehen in der Einlagerung von autologem Stuhl für später im Leben nötige fäkale Mikrobiom-Transfers (FMT) einiges an Potenzial. Veränderungen in der Art und Weise, wie Menschen leben und essen, haben zu enormen Veränderungen im Darmmikrobiom geführt, insbesondere in den letzten Jahrzehnten. Diese Veränderungen wurden mit erhöhten Raten von Asthma, Allergien, gastrointestinalen Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und anderen Leiden in Verbindung gebracht. In einem Artikel, der kürzlich in der Zeitschrift „Trends in Molecular Medicine“ veröffentlicht wurde, schlägt ein Team der Harvard Medical School und des Brigham and Women’s Hospital (BWH; beide USA) vor, dass diesen Entwicklungen entgegengetreten werden kann, indem man in jungen und mit höherer Wahrscheinlichkeit auch gesunden Jahren eigene Darmmikrobiota beziehungsweise Stuhlproben einlagern lässt. Diese könnten dann später bei Bedarf für einen autologen fäkalen Mikrobiom-Transfer (FMT) genutzt werden. „Die Idee der ‚Umgestaltung‘ des menschlichen Mikrobioms hat sich in den vergangenen Jahren stark verbreitet und wurde aus medizinischer, ethischer und evolutionärer Sicht heiß diskutiert“, erklärt der korrespondierende Autor Yang-Yu Liu vom BWH (USA). „Es ist immer noch unbekannt, ob Menschen in Industriegesellschaften gesundheitliche Vorteile erlangen können, indem sie ihr Mikrobiom in einen ursprünglichen Zustand zurückversetzen. In diesem Artikel haben wir einen Weg vorgeschlagen, das menschliche Darmmikrobiom zu verjüngen.“ FMTs mit Spenderstuhl haben sich als nützlich bei der Behandlung einiger Erkrankungen erwiesen, vor allem bei Infektionen mit Clostridioides difficile. Eine Einschränkung bei der Verwendung von Spenderstuhl ist jedoch die Variabilität in der Reaktion des Wirts, wahrscheinlich aufgrund genetischer und umweltbedingter Unterschiede zwischen Spender und Wirt. Die Bemühungen in Yangs Labor konzentrieren sich auf das Verständnis der ökologischen Dynamik und der Organisationsprinzipien des menschlichen Mikrobioms auf der Suche nach einem geeigneten Design mikrobiombasierter Therapeutika. OpenBiome, eine gemeinnützige Stuhl-Bank mit Sitz in Somerville (USA) ist die erste derartige Einrichtung, die Einzelpersonen die Möglichkeit bietet, ihren eigenen Stuhl für die zukünftige Behandlung von C.-diff.-Infektionen zu deponieren. Yang und seine Kollegen untersuchten, ob dieser Ansatz auch für viele andere Krankheiten in großem Maßstab umsetzbar wäre. „Konzeptionell gleicht die Idee der Stuhl-Bank für die autologe FMT der, wenn Eltern das Nabelschnurblut ihres Babys für eine mögliche zukünftige Verwendung lagern“, berichtet Yang. „Es gibt jedoch ein größeres Potenzial für Stuhl-Bank, und wir gehen davon aus, dass die Chance, Stuhlproben zu verwenden, viel höher ist als für Nabelschnurblut.“ „Es gibt aber viele praktische Probleme bei der Umsetzung dieser Idee“, ergänzt Yang. Der Artikel geht näher auf einige dieser Probleme ein, darunter optimale Aufbewahrungsmethoden, wie viel Stuhl in einer Bank aufbewahrt werden sollte und welche Kosten anfallen könnten. „Autologe Transplantate würden natürlich Probleme mit der Spender-Empfänger-Kompatibilität vermeiden oder zumindest abmildern, aber ein großer Nachteil autologer Transplantate ist die Notwendigkeit einer langfristigen Kryokonservierung von Stuhlproben, die typischerweise eine Lagerung in flüssigem Stickstoff erfordert“, erklärt Co-Autor Shanlin Ke, Postdoktorand in Yangs Labor. „Die langfristige sichere Aufbewahrung und anschließende Wiederbelebung und Kultivierung von Stuhlproben ist eine grundlegende Forschungsfrage für sich. Um praktische Richtlinien für die Stuhllagerung zu geben, ist weitere Forschung erforderlich, um systematisch längere Lagerzeiten und Konservierungs-, Wiederbelebungs- und Kultivierungsverfahren zu testen.“ Yang räumt ein, dass ein weit verbreitetes „Stuhl-Banking“ zu einem System führen könnte, in dem Personen mit mehr finanziellen Ressourcen mit größerer Wahrscheinlichkeit über gelagerten Stuhl für die zukünftige Verwendung zur Verfügung haben. „Wir gehen nicht davon aus, dass alle Menschen in unserer Gesellschaft bereit oder in der Lage sind, die Kosten zu tragen, die mit der ‚Verjüngung‘ ihres Darmmikrobioms verbunden sind, genauso wie nicht alle Eltern die Kosten für die Einlagerung von Nabelschnurblut für ihre Neugeborenen tragen“, gibt er zu Bedenken. „Aber als Forscher ist es unsere Aufgabe, eine wissenschaftliche Lösung bereitzustellen, die letztendlich dem menschlichen Wohlergehen zugutekommen kann. Die Entwicklung eines vernünftigen Geschäftsmodells und einer Preisstrategie, die sicherstellt, dass die Lösung für alle erschwinglich ist, würde eine gemeinsame Anstrengung von Unternehmern, Wissenschaftlern und vielleicht Regierungen erfordern.“ „Autologe FMTs besitzen das Potenzial, Autoimmunerkrankungen wie Asthma, Multiple Sklerose, entzündliche Darmerkrankungen, Diabetes, Adipositas und sogar Herzerkrankungen und Alterung zu behandeln“, formuliert Co-Autor Scott T. Weiss, Professor für Medizin an der Harvard University und stellvertretender Direktor der Channing Division of Network Medicine am BWH. „Wir hoffen, dass diese Veröffentlichung einige Langzeitversuche mit autologen FMTs zur Vorbeugung von Krankheiten anregen wird.“
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