Therapie beim Kurzdarmsyndrom: Darmzellen lassen sich neu programmieren

Ein Mangel von SATB2 verleiht Dickdarmzellen Eigenschaften von Dünndarmzellen. Ein grün fluoreszierender Marker, gebunden an Cholesterin (obere Reihe) und Glukose (untere Reihe), zeigt die Nährstoffaufnahme in: a) Ileumgewebe; b) Dickdarmgewebe; c) Kolongewebe von Mäusen mit weitgehend entferntem Dünndarm; d) Kolongewebe von Mäusen mit weitgehend entferntem Dünndarm und ausgeschaltetem SATB2. (Abbildung: © Dr. Tao Liu)

Mit dem Ausschalten eines einzelnen Gens lässt sich ein Teil des Kolons so neu programmieren, dass er funktioniert wie der nährstoffabsorbierende Dünndarm. Das zeigen Forschende von der Weill Cornell Medicine (USA) in einer präklinischen Studie.

Damit lasse sich möglicherweise die bei einer Entfernung des größten Teils des Ileums entstehende Mangelernährung möglicherweise beheben. Die Wissenschaftler vermuten, dass eine ähnliche Strategie zur Behandlung des Kurzdarmsyndroms eingesetzt werden könnte. In der kürzlich in „Gastroenterology“ veröffentlichten Studie stellten die Autoren dar, dass in einem präklinischen Modell des Kurzdarmsyndroms die Deletion des Kolon-Gens SATB2 dazu führt, dass Zellen des oberen Dickdarms ihre Identität in dünndarmähnliche Zellen veränderten. Dadurch wurde die Nährstoffaufnahme wiederhergestellt und der Gewichtsverlust umgekehrt. „Unsere Demonstration könnte den Weg für eine zukünftige Gentherapie des Kurzdarmsyndroms ebnen“, erklärt Studienleiter Dr. Xiaofeng Steve Huang, Assistenzprofessor für molekularbiologische Forschung in der Medizin und Mitarbeiter im Hartman Institute for Therapeutic Organ Regeneration an der Weill Cornell Medicine.

Deletion von SATB2 führt zu Identitätsveränderung von Zellen

In einer 2021 veröffentlichten Studie hatten Forschende der Weill Cornell Medicine die Schlüsselrolle von SATB2 bei der Aufrechterhaltung der „Identität“ von Dickdarmzellen entdeckt. Sie fanden heraus, dass die Deletion dieses Gens in Dickdarmzellen von Mäusen oder Menschen folgenden Effekt hat: Die Zellen beginnen, wie Zellen des Ileums, zu funktionieren. In der neuen Studie testeten sie, ob die Deletion des Gens die Nährstoffaufnahme in präklinischen Modellen des Kurzdarmsyndroms verbessern kann. Sie stellten fest, dass Mäuse, denen das Gen fehlte, rasch ihr Normalgewicht wiedererlangten und vier von fünf Mäusen länger als 60 Tage überlebten – im Gegensatz zu den Kontrollmäusen, denen das Gen erhalten blieb: Hier lag die Überlebensrate nach 60 Tagen bei nur zehn Prozent. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Gewebestruktur und das Vorhandensein von Blut- und Lymphgefäßen im oberen Kolon der behandelten Mäuse denen im Ileumgewebe ähnelten und eine Nährstoffaufnahme ähnlich wie im Ileum unterstützten.

Die Forschenden gingen einen weiteren Schritt in Richtung einer Gentherapie beim Menschen und testeten ihre Strategie an Organoiden aus menschlichen Kolonzellen mit SATB2-Deletion. Die Kolonorganoide entwickelten eine ileumähnliche Struktur und konnten nach der Transplantation in Mäuse überleben.

Das Team entwickelt nun seine therapeutische Strategie weiter und plant, sie künftig an fortgeschritteneren präklinischen Modellen des Kurzdarmsyndroms zu testen.