Tierversuchsgegner: „Suche nach COVID-19-Impfstoff zeigt Überlegenheit tierversuchsfreier Verfahren“

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Die Corona-Pandemie hat zu einem Boom in der Impfstoffforschung und damit zu einem Anstieg von Tierversuchen geführt. Befürworter solcher Versuche fühlen sich in ihrer Argumentation bestätigt und erklären, diese seien für die Entwicklung von Corona-Impfstoffen unverzichtbar.

Prof. Thomas Hartung, Direktor des Zentrums für Alternativen zum Tierversuch (CAAT) an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore (USA), widerspricht dieser Argumentation in einem Beitrag im „Toronto Star”. Die Suche nach einem COVID-19-Impfstoff habe aufgezeigt, dass die Forschung mit Tierversuchen eher hinderlich sei.

Hartung weist auf den langsamen Verlauf von Medikamenten- und Impfstoffentwicklung mithilfe von Tiermodellen hin und verknüpft dies mit einer grundsätzlichen Kritik an der konventionellen Arzneimittelentwicklung. Diese stütze sich stark auf Tierversuche, um die Mechanismen von Krankheiten und potenziellen Behandlungen zu verstehen. Die Tatsache, dass es teilweise bis zu zehn Jahre und länger dauere, bis ein neues Medikament auf den Markt komme, sei darauf zurückzuführen, dass Substanzen immer noch am Tier getestet werden müssten.

„Ein solch extrem teures, ethisch fragwürdiges und gleichzeitig vollkommen ineffizientes System bei der Arzneimittelentwicklung können wir uns nicht länger leisten“ betont auch Dr. Stefanie Schindler, Fachreferentin für tierversuchsfreie Verfahren beim Bundesverband Menschen für Tierrechte. „Dies hat sich schon sehr lange abgezeichnet, aber COVID-19 hat jetzt eindeutig gezeigt, dass dieses System auf Notfälle nicht adäquat reagieren kann. Wir müssen die Arzneimittel- und Impfstoffentwicklung komplett neu überdenken.“

COVID-19 könnte, so Hartung, jetzt den Ausschlag für tierversuchsfreie Verfahren geben – denn das Virus erfordere ein neues Forschungsmodell, das Tiere umgeht und stattdessen auf humanbiologischen Tests basiert. Der Einsatz der Tiere, die aktuell in den Laboren für die Entwicklung eines COVID-19-Therapeutikums leiden müssten, behindere eine Umstellung auf eine schnellere, eine humanbasierte Forschung.

Die Tatsache, dass bei der Entwicklung der drei aktuellen Impfstoffkandidaten gegen COVID-19 wegen der Dringlichkeit Tierversuche verkürzt, übersprungen oder sogar gleichzeitig mit den Tests an Menschen gemacht wurden, scheinen Hartungs Aussagen zu bestätigen. Da vor der Zulassung von neuen Medikamenten und Impfstoffen Tierversuche gesetzlich vorgeschrieben seien, müssten die Substanzen zuerst an Mäusen und Ratten getestet werden, um überhaupt eine behördliche Genehmigung für die weiteren klinischen Tests an Menschen zu bekommen, so der Bundesverband der Tierversuchsgegner. Da sich weder Mäuse noch Ratten an dem Virus anstecken, konnten diese Versuche die Wirksamkeit des Impfstoffes jedoch nicht nachweisen.