TikTok-Studie: Viele Fehlinformationen zu Lebererkrankungen, aber auch eine Chance

Foto: © Nyan TA/stock.adobe.com

Fast 40 Prozent der Posts zu Lebererkrankungen auf dem Videoportal TikTok beinhalten Falschinformationen oder sind irreführend, berichteten Wissenschaftler bei der diesjährigen Digestive Disease Week (DDW) in Chicago und online.

Vier von zehn TikTok-Posts, die Lebererkrankungen zum Thema haben, transportieren falsche Informationen, erklärten die Forschenden. Dabei waren Inhalte zu Modediäten, „Detox“-Drinks und Kräuterpräparaten am häufigsten vertreten. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung lassen darauf schließen, dass Patienten mit einer Lebererkrankung, die den Dienst nach medizinischen Informationen durchstöbern, möglicherweise Hilfestellung dabei brauchen, in Sachen Informationen die Spreu vom Weizen zu trennen.

„Die Menschen sollten immer zuerst ihren Arzt konsultieren, wenn es darum geht, Rat zu ihrer spezifischen Erkrankung zu erhalten“, sagte Dr. Macklin Loveland, Seniorautor der Studie. Der Internist ist an der Medizinischen Fakultät der University of Arizona (USA) tätig. „Wir wissen aber auch, dass heutzutage extrem häufig in sozialen Medien nach Gesundheitsinformationen und Tipps gesucht wird. Der Durchschnittsmensch, der dort auf einen Beitrag zu einer Lebererkrankung stößt, hat möglicherweise überhaupt keine Ahnung, dass die darin aufgestellten Behauptungen total falsch sind.“

Für die Studie identifizierte Loveland auf TikTok zwischen dem 1. Oktober und dem 25. November 2022 insgesamt 2223 Posts, die die Begriffe „Zirrhose“ und „Lebererkrankung“ beinhalteten. Beim Abgleich dieser Beiträge mit etablierten Praxisleitlinien für die zur Entscheidungsfindung bezüglich der Therapie, die das American college of Gastroenterology, die American Gastroenterological Association und die American Association for the Study of the Liver aktuell propagieren, stellte der Mediziner fest, dass 883 der Posts (fast 40%) Falschinformationen beinhalteten. Bei diesen ungenauen Beiträgen ging es am häufigsten um Kräuterpräparate, die bei einer Leberkrankungen helfen sollen. In anderen Post wurde behauptet, dass der Konsum bestimmter Pilze, der Verzehr von Rinderleber oder eine innere Reinigung des Körpers mit Parasiten eine Leberheilung herbeiführen.

Ungenaue beziehungsweise irreführende Beiträge gingen mit deutlich weniger Interaktion der User einher: Sie erhielten im Durchschnitt 1671 Likes und wurden im Mittel 140-mal geteilt, verglichen mit durchschnittlich 14.463 Likes und 364 Shares unter inhaltlich richtigen Posts. Beiträge, die streng informativ waren, enthielten weit mehr falsche Informationen als solche, in denen Patienten ihre persönlichen Erfahrungen mittteilten. „Posts mit ungenauen oder falschen Informationen waren zwar weniger beliebt, bringen aber immer noch eine große Menge an Fehlinformationen auf die Plattform, was Betroffene mit Lebererkrankungen einem hohen Risiko dafür aussetzt, dass sie falsche Behauptungen lesen“, erklärte Loveland. „Vor dem Hintergrund der mit Lebererkrankungen assoziierten hohen Mortalität kann die Verbreitung von Falschinformationen auf solch einer populären Plattform in den sozialen Medien schwerwiegende klinische Folgen haben.“ Laut Lovelace stellen seine Forschungsergebnisse ein Plädoyer einerseits für ein besseres Monitoring und eine stärkere Regulierung der Plattform dar, andererseits aber auch für mehr Engagement von Medizinern auf derselben.

„Es ist klar, dass mehr getan werden muss, als Fehlinformationen auf TikTok einfach nur zu kennzeichnen“, betont er. „Dazu gehört auch, dass Ärzte auf der Plattform stärker vertreten sein müssen, um mit exakten, wissenschaftlich basierten Inhalten gegen Fehlinformationen vorzugehen. Allgemein stellen TikTok und Plattformen der sozialen Medien großartige Quellen für die Verbreitung von Gesundheitsinformationen dar. Man muss aber gewissermaßen mehr Leitplanken aufstellen, die vor falschen oder irreführenden Behauptungen schützen.“