Transport-Stress bringt das Mikrobiom von Nashörnern aus der Balance

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Transporte von Wildtieren und der damit verbundene Stress führen zu einem Ungleichgewicht des Mikrobioms. Das fand ein Forschungsteam unter Leitung der Vetmeduni Wien in einer explorativen Studie an Nashörnern (Rhinocerotidae) heraus.

Gefährdete Wildtiere müssen oft über weite Strecken hinweg transportiert werden. Ein internationales Team untersuchte, wie sich solche erzwungenen, aber notwendigen Reisen auf die Darmgesundheit und das Tierwohl auswirken.

Umsiedlungen von Nashörnern werden häufig zu Erhaltungszwecken – also aus Tierschutzgründen – durchgeführt. Allerdings setzen diese Transporte die Tiere einer Vielzahl von Stressfaktoren aus, wie  z. B. längeres Fasten, Gefangenschaft, neue Umgebung usw. Dieser Stress kann die Zusammensetzung der Darmmikrobiota (Mikrobiom) verändern, was sich auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere auswirken kann. Insbesondere können die Nashörner nach einer Umsiedlung Magersucht, Durchfall und eine Darmentzündung (Enterokolitis) entwickeln.

Ziel der soeben veröffentlichten Studie war es, den Einfluss von Alter, Geschlecht und Umsiedlung auf die Zusammensetzung der bakteriellen Mikrobiota im Kot von Nashörnern zu untersuchen. Dazu wurden Kotproben von Nashörnern beim Fang (n = 16) und nach einem mehr als 30-stündigen Straßentransport (n = 7) gesammelt. Aus diesen Proben wurde DNA isoliert und analysiert. „Die Resultate unterschieden sich nicht zwischen Nashörnern unterschiedlichen Alters und Geschlechts. Allerdings gab es einen signifikanten Unterschied zwischen Kotproben, die beim Fang und nach dem Transport gesammelt wurden“, so Studien-Leiterin Friederike Pohlin vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Vetmeduni.

„Schlechte“ Bakterien werden mehr, Zahl der „guten“ Bakterien sinkt

Die häufigsten Bakterienstämme in den beim Fang gesammelten Proben waren Firmicutes und Bacteroidetes (85,76 %), vertreten durch die Familien Lachnospiraceae, Ruminococcaceae und Prevotellaceae. Die Baktierienstämme Proteobacteria und Actinobacteria nahmen in ihrer relativen Häufigkeit vom Fang bis nach dem Transport zu und umfassten potenziell pathogene Bakterienfamilien wie Enterobacteriaceae und Pseudomonadaceae. Wichtige Kommensalen – also „gute“ Bakterien – wie Spirochaetes, Fibrobacteres und Lachnospiraceae nahmen in ihrer relativen Häufigkeit ab.

Dazu Friederike Pohlin: „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die mit dem Fang und Transport verbundenen Stressfaktoren bei Nashörnern eine unausgewogene Zusammensetzung der fäkalen Mikrobiota verursachen, die zu potenziell infektiösen Darmerkrankungen führen kann. Dieses Ungleichgewicht kann durch die Ausbreitung normalerweise harmloser Krankheitserreger, die vermehrte Ausscheidung von Krankheitserregern oder eine erhöhte Anfälligkeit für neue Krankheitserreger entstehen.“

Einfache Maßnahmen können Tierwohl und -gesundheit deutlich verbessern

Laut dem wissenschaftlichen Team der Studie sind nun weitere Schritte erforderlich, um die klinischen Auswirkungen dieser Veränderungen in der Zusammensetzung der fäkalen Mikrobiota besser zu verstehen: „Insbesondere geht es darum, festzustellen, ob die Veränderungen dauerhaft oder vorübergehend sind. Außerdem müssen wir Möglichkeiten finden, diesen Veränderungen entgegenzuwirken, um die transportbedingte Morbidität und Mortalität bei umgesiedelten Nashörnern zu verringern“.

Vor allem einfach umzusetzende Maßnahmen zur Unterstützung und Stabilisierung einer ausgewogenen Darmmikrobiota während des Transports – wie z. B. die Bereitstellung von ausreichend Wasser und Nahrung in regelmäßigen Abständen oder die Verabreichung von Probiotika – sollten laut den ForscherInnen dringend untersucht werden.