Unsichtbare Komplikationen: Ergebnisse vom Expertengipfel zu postoperativen Verwachsungen vorgestellt3. März 2025 Nach Operationen an Magen oder Darm oder anderen nichtminimalinvasiven abdominalen Eingriffen sowie nach geburtshilflichen beziehungsweise gynäkologischen Eingriffen oder urologischen Interventionen kann es zu unerwünschten Gewebeverwachsungen kommen. (Foto: © Tobilander/stock.adobe.com) Während nach den meisten Operationen mit einer Narbenbildung zu rechnen ist, stellen unerwünschte postoperative Adhäsionen eine besondere Herausforderung für Patienten und Chirurgen dar. Die Gewebebrücken, die eine Verwachsung von Organen miteinander oder an der Bauchdecke verursachen, können massive Probleme wie Darmverschlüsse, chronische Schmerzen und Probleme im Hinblick auf die Fertilität hervorrufen. Diese Auswirkungen wiederum lassen die Kosten für Patienten und Gesundheitssysteme steigen. Laut dem American College of Surgeons (ACS) entwickeln sich solche Gewebeadhäsionen im Abdominalbereich bei mehr als 90 Prozent der Patienten nach offenen abdominalen Eingriffen, bei 66 Patienten nach Operationen an Magen oder Darm sowie bei 51 Prozent der Operierten nach geburtshilflichen beziehungsweise gynäkologischen Eingriffen und bei 22 Prozent nach urologischen Interventionen. Bei Erkrankungen, bei denen wiederholte abdominale Eingriffe häufig sind, wie beispielsweise bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, stellten postoperative Adhäsionen ein dauerhaftes Risiko dar, heißt es seitens des ACS. Im Herbst des vergangenen Jahres traf sich in Washington (USA) eine Gruppe internationaler Experten zum Surgical Adhesions Improvement Project Summit des ACS, um die Herausforderungen postoperativer Gewebsadhäsionen eingehend zu untersuchen und um Lösungen zu finden. Nun sind die Ergebnisse dieses Expertengipfels im „Journal of the American College of Surgeons“ veröffentlicht worden. Aufruf zu Standardisierung und Innovation Ein hartnäckiges Problem bei der Behandlung unerwünschte Verwachsungen nach chirurgischen Eingriffen sei der Mangel an Standardisierung in der Erfassung, konstatiert die Arbeitsgruppe. Es gebe keine allgemein anerkannte Methode, um solche Adhäsionen zu messen oder deren Schweregrad zu beurteilen. Auch bei den aktuellen Behandlungsoptionen herrsche kein Konsens bezüglich der besten Vorgehensweise. „Postoperative Verwachsungen sind eine stille Epidemie“, erklärt Dr. Clifford Y. Ko, Senior-Vizepräsident der ACS-Abteilung für Forschung und optimale Patientenversorgung. „Sie betreffen Millionen von Patienten weltweit, und dennoch fehlen uns noch immer standardisierte Instrumente, um ihre Auswirkungen zu messen und die Behandlung zu steuern. Dieser Gipfel und unser ACS-Verbesserungsprojekt markieren einen entscheidenden Schritt zur Vereinheitlichung unseres Ansatzes und zur Entwicklung innovativer Lösungen, um die Belastung von Patienten und Gesundheitssystemen durch Verwachsungen zu verringern.“ Ein Teil des Gipfels war dem Verständnis der genauen molekularen und genetischen Mechanismen gewidmet, die zu postoperativen Verwachsungen führen. Indem sie aufdecken, wie diese sich bilden, hoffen die Forschenden, wirksamere Behandlungen entwickeln zu können. Hoffnungsschimmer bei Prävention und Diagnose In der auf dem Expertengipfel vorgestellten Literaturübersicht hoben die Autoren einige vielversprechende Fortschritte hervor. So wurde beispielsweise die Verwendung von Adhäsionsbarrieren mit einer Verringerung von Dünndarmverschlüssen in Verbindung gebracht. Die Fachleute waren sich jedoch einig, dass weiter mit hoher Qualität geforscht muss und der Einsatz standardisierter Verfahren notwendig ist, um den Einsatz dieser Präventionsinstrumente im klinischen Setting zu optimieren. Während minimalinvasive Verfahren die Häufigkeit postoperativer Adhäsionen im Vergleich zu offenen Operationen reduzieren, werden fast 30 Prozent der Patienten innerhalb von fünf Jahren nach ihrer ersten Bauch- oder Beckenoperation wegen Problemen mit unerwünscht verwachsendem Gewebe – hauptsächlich Dünndarmverschlüssen – erneut stationär behandelt. Ein neuer diagnostischer Ansatz, die Cine-Magnetresonanztomographie (Cine-MRT), bietet Hoffnung für die nichtinvasive Erkennung von Verwachsungen. Diese fortschrittliche Bildgebungstechnik bewertet durch Gewebsadhäsionen verursachte Einschränkungen der Darmbewegung und liefert ein klareres Bild des Ausmaßes des Problems. Personalisierte Medizin der Zukunft Zukünftige Forschungsbereiche umfassen laut dem ACS die Rolle des Mikrobioms bei der Bildung von Verwachsungen und die Untersuchung des Einsatzes von Stammzellen, um Heilungsreaktionen zu beeinflussen. Personalisierte Medizin könnte auch eine Schlüsselrolle bei der Prävention spielen, indem sie Behandlungen an die genetischen und molekularen Profile der Patienten anpasst. „Die Zukunft der Prävention von Verwachsungen liegt im Verständnis der speziellen biologischen Wege, die ihre Entstehung vorantreiben“, erklärt Dr. Samuel P. Carmichael II, Unfallchirurg an der Wake Forest University School of Medicine in Winston-Salem (USA) und einer der Hauptorganisatoren des Expertentreffes im vergangenen Jahr. „Indem wir innovative Technologien wie Hydrogele mit gezielten molekularen Therapien kombinieren, können wir einer Zukunft näher kommen, in der postoperative Adhäsionen nicht mehr routinemäßig Komplikationen verursachen.“ Vertreter der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) informierten die Experten auf dem Gipfel über den Zulassungsprozess, um sicherzustellen, dass alle neu entwickelten Produkte zur Prävention oder Behandlung von postoperativen Verwachsungen sicher und effizient auf den Markt gebracht werden können. Einer der ersten Schritte zum vollständigen Verständnis der Auswirkungen postoperativer Adhäsionen sei es, ein Verfahren zu deren Messung zu entwickeln, heißt es seitens des ACS. Mediziner, die sich auf dem Expertengipfel 2024 getroffen hatten, arbeiten derzeit an der Erstellung eines entsprechenden standardisierten Bewertungssystems. Ebenfalls entwickelt wird ein Verfahren, mit sich Daten darüber erfassen lassen, wie betroffene Patienten ihre Symptome und ihre Lebensqualität einschätzen.
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