Unterschiedliche Verdauung: Protein ist für den Darm nicht gleich Protein9. September 2025 Abbildung, KI-generiert: © Maik/stock.adobe.com Proteinreiche Lebensmittel werden immer beliebter. Neue Ergebnisse aus einer Studie an Mäusen deuten darauf hin, dass die Einteilung von Nahrungsproteinen als entweder tierisch oder pflanzlich die Unterschiede nicht ausreichend erfasst. Dies bezieht sich auf die Zusammensetzung sowie auf die Verdauungseffizienz und ihre Zugänglichkeit für die Darmmikrobiota. Wie Forschende von der North Carolina State University (USA) darlegen, werden nicht alle Proteine gleich verdaut: Manche werden weniger vollständig aufgespalten als andere und wandern stattdessen in den Dickdarm, wo ihre Wechselwirkungen mit der Darmmikrobiota oft erhebliche Auswirkungen haben können. Untersuchung von sechs Proteinen aus verschiedenen Quellen in einem Mausmodell Mithilfe hochauflösender Massenspektrometrie hatten die Wissenschaftler untersucht, was aus gereinigtem Protein aus sechs verschiedenen Quellen wird: Soja, Kasein, brauner Reis, Hefe, Erbsen und Eiweiß. Die Untersuchung erfolgte sowohl an keimfreien Mäusen ohne Darmmikrobiota als auch an Tieren mit normaler Mikrobiota. Diese Vorgehensweise ermöglichte es der Arbeitsgruppe herauszufinden, welche Proteine vom Wirtskörper zunächst nicht verdaut werden und somit für Darmmikroben verfügbar sind. „Wir wollten nicht nur verfolgen, wie viel Protein vom Wirt verdaut wird, sondern auch, welche spezifischen Proteine der Verdauung entgehen, mit der Darmmikrobiota im Dickdarm interagieren und schließlich den Darm wieder verlassen“, erläutert Ayesha Awan von der North Carolina State University, Hauptautorin der jüngst veröffentlichten Arbeit. Sich darüber einen Überblick zu verschaffen sei besonders wichtig in einer Zeit, in der immer mehr Menschen auf eine proteinreiche Ernährung achten. Awan ergänzt: „Nicht vollständig verdautes Protein gelangt in den Dickdarm, wo es mit Darmmikroben interagieren kann – und diese Interaktionen haben möglicherweise nicht immer die gewünschte Wirkung.“ Überraschend: auch leicht verdauliche Proteine kommen bis in den Dickdarm Bemerkenswerterweise, so berichten die Forschenden, konnten sie in den Stuhlproben beider Mausgruppen Nahrungsproteine aus allen Quellen nachweisen. Dies lasse die Schlussfolgerung zu, dass selbst vermeintlich leicht verdauliche Proteine in den Dickdarm gelangen und der Darmflora als Nahrung dienen können. „Eiweiß wird oft als leicht verdauliche Proteinquelle angesehen, aber unsere Studie hat gezeigt, dass ein erheblicher Teil der Verdauung entgeht“, berichtet Awan. „Außerdem machte Protein aus braunem Reis etwa 50 Prozent der im Kot gefundenen Proteine aus und wurde weder vom Wirt noch von der Darmflora sehr effizient zersetzt.“ Laut Prof. Manuel Kleiner, außerordentlicher Professor für Pflanzen- und Mikrobenbiologie an der North Carolina State University und Co-Autor der Studie, zeigt die Untersuchung, dass nicht alle Proteinquellen gleich wirken. „Oft wird in den Kategorien tierisches versus pflanzliches Protein gedacht“, erklärt er. „Wir stellen fest, dass es in Wirklichkeit viel mehr um die spezifische Proteinquelle geht und nicht um eine Dichotomie zwischen Tier und Pflanze.“ Darüber hinaus ergab die Studie, dass die Darmmikrobiota einen starken Einfluss darauf hatte, welche Proteine im Darmtrakt verblieben. Bestimmte Proteine aus jeder der Quellen wurden bei Mäusen mit Darmmikroben entweder stärker abgebaut als bei keimfreien Mäusen oder erwiesen sich als im Gegenteil angereichert. Bemerkenswerterweise gehörten einige Nahrungsproteine, die relevant für die Gesundheit des Wirtes waren, zu denen, die unterschiedlich häufig vorkamen. Beispielsweise entgingen antinutritive Faktoren wie der Kunitz-Trypsin-Inhibitor in Soja und einige antimikrobielle Eiweißproteine, darunter Lysozym und Avidin, der Verdauung und waren für die Darmmikrobiota zugänglich. „Nahrungsproteine haben einen großen Einfluss auf die Physiologie des Wirtes“, unterstreicht Kleiner. „Wir müssen noch mehr darüber lernen, ob diese Proteine intakt oder aktiv sind, wenn sie den Dickdarm erreichen.“ Einzigartig: Untersuchung in verschiedenen Segmenten des Verdauungstraktes Die Forschenden bezeichnen ihre Studie insofern als einzigartig, als dass sie verschiedene Bereiche des Verdauungstraktes umfasste und nicht nur der Stuhl untersucht wurde. So stellten die Wissenschaftler fest, dass die Verdauung im Dünndarm weitgehend unabhängig von der An- oder Abwesenheit von Darmmikroben war. Unterschiede in der Zusammensetzung der Nahrungsproteine traten nur im Dickdarm auf und waren im Stuhl nachweisbar. Diese Ergebnisse unterstreichen laut den Studienautoren die bedeutende Rolle der Darmmikrobiota für das Schicksal von Nahrungsproteinen im Dickdarm. „Für diese Arbeit haben wir Proteine im gesamten Darm beobachtet – nicht nur an dessen Ende“, stellt Kleiner klar. „Der Großteil der Verdauung lief zu Beginn im Dünndarm gleich ab, unabhängig davon, ob die Mäuse ein Mikrobiom besaßen oder nicht.“ Awan fügt hinzu: „Das bedeutet, dass im Dünndarm die Anwesenheit von Darmmikrobiota möglicherweise keinen großen Einfluss auf die Verarbeitung eines Proteins hat. Das ist sinnvoll, da sich im Dünndarm weniger Mikroben befinden und diese nicht viel Zeit haben, um mit dem Nahrungsprotein zu interagieren. Die wichtigsten Unterschiede beobachten wir im Dickdarm, wo die Mikrobiota stärker mit dem Protein interagiert und es verändern oder abbauen kann.” Solche Interaktionen können die Produktion von Metaboliten wie kurzkettigen Fettsäuren oder Indolen beeinflussen, was sich wiederum negativ auf die Gesundheit des Wirtes auswirken kann, erklären die Forschenden. Blick auf künftige Forschungsthemen Darüber hinaus könnte die ineffiziente Verdauung funktioneller Proteine im Darm – darunter Enzymhemmer, Lektine und antimikrobielle Proteine – auf eine mögliche Rolle bei der Modulation der Darmphysiologie und der mikrobiellen Zusammensetzung hindeuten, glauben die Studienautoren. Sie gehen davon aus, dass die Quelle des Nahrungsproteins ein wichtiger Aspekt beim Verständnis ernährungsbedingter gesundheitlicher Folgen, einschließlich entzündlicher Darmerkrankungen und Stoffwechselstörungen, ist. „Zukünftige Arbeiten werden sich darauf konzentrieren, wie sich verschiedene Nahrungsproteinquellen und deren Wechselwirkungen mit der Darmmikrobiota auf die Gesundheit des Wirtes auswirken“, kündigt Kleiner an.
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