Vogelgrippe: 32 Ausbrüche – rund 680.000 Tiere gekeult oder verendet in Niedersachsen allein

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Die Geflügelpest trifft Niedersachsen hart – 32 Ausbrüche sind bisher zu verzeichnen. Jetzt sind die Landkreise Vechta und Cloppenburg stark betroffen. Niedersachsens Tierschutzbeauftragte kritisiert die massenhafte Tötung von Geflügel.

Hunderttausende Tiere verendet, Stallpflicht in großen Teilen des Landes: Die Vogelgrippe breitet sich in Niedersachsen weiter aus. Seit Anfang Oktober sind nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums 32 Ausbrüche in Geflügelbetrieben registriert worden. Insgesamt sind rund 682.000 Tiere verendet oder getötet worden, wie Abteilungsleiter Jörg Baumgarte sagte. Betroffen sind demnach neun Landkreise, besonders stark der Landkreis Cloppenburg mit neun Fällen.

In 23 Landkreisen und kreisfreien Städten gilt derzeit eine Stallpflicht für Geflügel, in acht weiteren Regionen nur für einzelne Betriebe. Baumgarte betonte, bislang habe es keine Sekundärausbrüche gegeben – also keine Fälle, bei denen sich das Virus von einem betroffenen Stall auf andere Betriebe ausgebreitet habe. Das zeige, dass die Biosicherheitsmaßnahmen griffen.

Erst am Freitag mussten im Landkreis Vechta fast 150.000 Tiere – Legehennen und Puten – getötet werden. Zudem seien 68 verendete Wildvögel in dem Land positiv auf das Vogelgrippevirus getestet worden, sagte eine Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts. Bundesweit seien es 379.

Die betroffenen Tiere des Bestandes in Vechta sollten noch am Dienstag unter Aufsicht des Veterinäramtes getötet werden. Das galt auch für rund 11.400 Puten im Alter von 20 Wochen in einem Betrieb in Bösel im Landkreis Cloppenburg. Auch dort wurden eine Schutzzone und eine Überwachungszone festgelegt, wo Geflügel im Stall gehalten werden muss. Im Landkreis Cloppenburg sind damit seit Mitte Oktober 12 Betriebe mit insgesamt 119.900 Puten und 5.300 Enten betroffen.

Tote Kraniche im Landkreis Verden – Tötung soll Leiden verhindern

Im Landkreis Verden werden zudem immer mehr Kraniche sterbend oder tot gefunden. Allein in den Schutzgebieten der Wümmeniederung seien binnen weniger Tage etwa 300 mutmaßlich an der Geflügelpest verendete Kraniche eingesammelt worden, teilte der Landkreis mit.

Die erkrankten Tiere leiden schwer, sie taumeln und können nicht flüchten. Zum Teil liegen die Kraniche mit ausgebreiteten Flügeln auf den Wasserflächen und ertrinken allmählich. Für die Vögel gibt es keine Hilfe.

Das Umweltministerium reagierte unterdessen auf Berichte über kranke Kraniche, die sich mit dem Virus infiziert haben. Die Landkreise sollen prüfen, ob sie in Ausnahmefällen die Tötung schwer erkrankter Tiere erlauben. Nur mit Genehmigung dürften Jägerinnen und Jäger solche Vögel erlösen, um weiteres Leiden und eine Verbreitung des Virus zu verhindern. Die Ausnahme vom Tötungsverbot gilt nur für schwer kranke Kraniche und ist bis zum 31. Dezember gültig.

Die Kadaver sollen vom Veterinäramt entsorgt werden – mit Schutzkleidung, Handschuhen und Mundschutz. „Wir möchten nicht, dass sich das Virus in irgendeiner Form anpasst oder verändert“, sagte Baumgarte. Wie sich das Infektionsgeschehen weiterentwickelt, sei derzeit offen. In früheren Jahren sei der Höhepunkt meist im Dezember erreicht worden, diesmal habe das Geschehen jedoch früher eingesetzt.

Tierschutzbeauftragte kritisiert Geflügeltötungen

Niedersachsens Landesbeauftragte für den Tierschutz hat massenhafte Tötungen von Geflügel bei Vogelgrippe kritisiert. „Ich halte die gesamte Tierseuchenpolitik aus Sicht des Tierschutzes für fragwürdig“, sagte die Tiermedizinerin Julia Pfeier-Schlichting dem Politikmagazin Rundblick (Mittwoch) auf eine Frage zu den derzeitigen Keulungen von Puten und Hühnern. Ihrer Meinung nach werde das massenhafte Töten von Tieren von der Gesellschaft nicht mehr akzeptiert.

Die Veterinärin forderte eine Pflicht für präventive Maßnahmen, wo diese möglich seien. Dazu müssten EU-Regeln angepasst werden. Für die Maul- und Klauenseuche gebe es etwa auch Impfstoffe, mit denen großangelegte Tötungen verhindert werden könnten. Wegen Export-Problemen würde der Schutz von der Wirtschaft aber nicht genutzt, so die Veterinärin.

Weiter kritisierte die Tierärztin die Massentierhaltung bei Geflügel.

Der Wechsel von weniger ansteckenden zu hochansteckenden Erregern passiere dort – „und nicht in der Natur“, sagte sie mit Verweis auf einen Experten des Friedrich-Loeffler-Instituts. Der geringe Abstand von Betrieben untereinander in einigen Regionen Niedersachsens erhöhe zudem das Übertragungsrisiko, so Pfeier-Schlichting.

Drei Fälle von Vogelgrippe in Sachsen nachgewiesen

Drei Wildtiere sind in Sachsen an der Geflügelpest verendet.

Nutztierbestände bleiben bislang verschont. Was Geflügelhalter jetzt beachten sollten.

Seit Wochen grassiert in den Nachbarbundesländern die Vogelgrippe – jetzt hat es auch Sachsen erwischt. Im Freistaat seien drei Fälle der Geflügelpest nachgewiesen worden, teilte Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) mit. Das hätten Analysen des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) ergeben. 

Kranich, Schwan und Graugans bei Leipzig verendet 

Bei den an Geflügelpest verendeten Tieren handelt es sich demnach um einen Kranich und einen Schwan auf dem Gebiet der Stadt Leipzig sowie um eine Graugans am Ostufer des Markkleeberger Sees im Landkreis Leipzig. Nutztierbestände seien nicht betroffen, daher seien auch keine tierseuchenrechtlichen Maßnahmen erforderlich. Eine allgemeine Pflicht zur Aufstallung wurde bislang nicht verhängt. Das (FLI) hält an seiner aktuellen Risikoeinschätzung fest und stuft die Risiken für einen Eintrag des H5N1-Virus in Geflügelbestände deutschlandweit als „hoch“ ein. 

Es sei zu erwarten gewesen, dass die Geflügelpest auch Sachsen erreichen würden, sagte Köpping. „Wir verzeichnen bundesweit in diesem Jahr ein sehr dynamisches Geschehen mit bereits vielen Fällen auch in Geflügelhaltungen.“ In Brandenburg, Sachsen-Anhalt und auch Thüringen war die Vogelgrippe zuvor nachgewiesen worden. Da dort bereits Betriebe betroffen waren, mussten Zehntausende Tiere getötet werden. 

Empfehlung für Hygienemaßnahmen 

Köpping empfahl allen Geflügelhaltern, ihre Tiere in Ställen unterzubringen. Zudem appellierte sie daran, strenge Hygienemaßnahmen einzuhalten. Die Beschäftigten sollten unbedingt Schutzkleidung tragen, vor dem Betreten des Stalles die Hände desinfizieren und das Schuhwerk wechseln. Zudem sollten Spaziergänger, die verendete Wildvögel bemerken, sofort das zuständige Veterinäramt informieren. 

Das Landratsamt in Borna riet allen Geflügelhaltern im Landkreis Leipzig zudem, abgedeckte, wildvogelsichere Volieren zu nutzen. So soll ein Kontakt zu Wildvögeln und ihren Ausscheidungen so sicher wie möglich verhindert werden. Zudem sollten Futter und Tränken so aufgestellt werden, dass diese für Wildvögel nicht zu erreichen sind. 

Vor knapp einer Woche waren in Sachsen die ersten Vogelgrippe-Verdachtsfälle aufgetreten. Die Geflügelpest ist eine Infektionskrankheit. Umgangssprachlich wird sie auch Vogelgrippe genannt. Sie ist hochansteckend und kann bei vielen Vogel- und Geflügelarten rasch tödlich verlaufen.