US-Studie: Mehr Darmkrebsfälle unter jüngeren Patienten seit 1970

Die dunkelblaue Schleife als Zeichen der Solidarität mit und Unterstützung von Darmkrebspatienten. (Foto: © Chinnapong/Adobe Stock)

Die Inzidenz von Darmkrebs bei Erwachsenen unter 50 Jahren hat in den USA seit 1970 zugenommen. Eine neue Studie, die gerade online in der Zeitschrift „Cancer“ veröffentlicht worden ist, hat ergeben, dass der Anteil der Erwachsenen, bei denen vor Erreichen des 50. Lebensjahres eine Darmkrebsdiagnose gestellt worden ist, in den USA in den vergangenen zehn Jahren weiter gestiegen ist. Die Studienautoren fanden außerdem heraus, dass bei jüngeren Erwachsenen die Erkrankung meist in einem schon fortgeschritteneren Stadium festgestellt wird.

Dr. Boone Goodgame von der University of Texas in Austin und seine Kollegen analysierten Informationen aus der National Cancer Database, die mehr als 70 Prozent der neuen Krebsfälle in den USA umfasst. Von 2004 bis 2015 (letztes verfügbares Jahr in der Datenbank) wurde bei 130.165 Patienten unter 50 Jahren und bei 1.055.598 Patienten über 50 Jahren Darmkrebs diagnostiziert.

Der Anteil der Patienten mit Darmkrebsdiagnose unter 50 Jahren stieg von 10 Prozent im Jahr 2004 auf 12,2 Prozent im Jahr 2015. In den Jahren 2004 bis 2015 war der Anteil von Menschen, bei denen die Erkrankung in jüngerem Alter begann, unter Afroamerikanern und Amerikanern lateinamerikanischer Abstammung höher als in nicht lateinamerikanischen Weißen. Bei 51,6 Prozent der jüngeren Erwachsenen wurde ein fortgeschritteneres Krebsstadium (Stadium III/IV) diagnostiziert, bei den über 50-Jährigen waren es 40 Prozent.

Die Diagnosen bei Männern unter 50 Jahren stiegen nur bei Weißen nicht lateinamerikanischer Abstammung, während unter Frauen sowohl bei solchen lateinamerikanischer Herkunft als auch bei nicht lateinamerikanischen Weißen die Zahl der Diagnosen im jüngeren Lebensalter im Laufe der Zeit zunahm.

Die Diagnoseraten für Darmkrebs bei jungen Erwachsenen stiegen laut den Beobachtungen der Studienautoren im Laufe der Zeit unabhängig vom Einkommensniveau. Der höchste Anteil an Diagnosen bei jungen Erwachsenen trat jedoch in der Kategorie derjenigen mit dem höchsten Einkommen auf. Die Wissenschaftler beobachteten zudem ein Stadt-Land-Gefälle: Der Anteil der bei jüngeren Menschen diagnostizierten kolorektalen Krebserkrankungen stieg in den Städten, nicht jedoch in ländlichen Gebieten.

„Eine Reihe von Studien hat bereits gezeigt, dass die Darmkrebsrate bei jüngeren Erwachsenen in den USA seit den 1970er-Jahren langsam angestiegen ist. Für praktizierende Ärzte scheint es aber, dass wir jetzt immer mehr junge Menschen mit Darmkrebs sehen als noch vor zehn Jahren“, sagt Goodgame. „Bis vor kurzem wurde in den Leitlinien eine Darmkrebsvorsorge ab 50 Jahren empfohlen. Inzwischen empfehlen viele Leitlinien eine Vorsorge ab 45 Jahren, aber die meisten Ärzte und Patienten scheinen diese Empfehlungen nicht zu befolgen.“
Goodgame merkt an, dass die Ursache für die steigenden Raten von Darmkrebs bei jüngeren Patienten unklar ist, dass aber neuere Forschungen nahelegen, dass es sich möglicherweise um eine Kombination aus einem Anstieg des Körpergewichts und Veränderungen des Darmmikrobioms handelt.

In einem Leitartikel zu der aktuellen Studie verweist Dr. Chyke Doubeni von der University of Pennsylvania auf die Notwendigkeit weiterer Forschungen hin. „Da die Zahl der Darmkrebsfälle mit genetischem Hintergrund bei jüngeren Menschen sehr viel höher ist, ist unklar, ob ein Screening auf sporadische Fälle in einer Gruppe mit einer derart niedrigen Krankheitsrate zu einem günstigen Verhältnis von Schaden und Nutzen führen kann“, schrieb er. „Es ist daher unerlässlich, die verschiedenen Hypothesen zur Erhöhung der Inzidenz von Darmkrebs bei Personen unter 50 Jahren einer strengen Prüfung zu unterziehen, um festzustellen, ob eine Änderung des aktuellen Screening-Alters bei Personen ohne erhöhtes familiäres Risiko die geeignetste Reaktion im Sinne der öffentlichen Gesundheit darstellt.“