Vagusnerv: Wie seine Stimulation bei Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen helfen könnte

Eine überlagerte Immunfluoreszenzaufnahme aus dem aufsteigenden Dickdarm eines Patienten mit Colitis ulcerosa zeigt SUMO1- und SUMO2/3-Expressionsmuster. (Abbildung: © Duke University School of Medicine)

Laboruntersuchungen von Mitarbeitern der Duke School of Medicine (USA) zeigen, dass eine Vagusnervstimulation durch die Modulation der Immunreaktion Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) lindern kann.

Die Forschenden beschreiben in ihrer Veröffentlichung, wie die elektrische Stimulation des Vagusnervs die stressbedingte Entzündung bekämpfen kann, die CED-Symptome verstärkt. Der Publikation zufolge reduzierte die Stimulation des Vagusnervs bei gestressten Mäusen mit Colitis Symptome und erhöhte gleichzeitig die Überlebensraten. Durch die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems stellte das Team fest, dass Entzündungen durch die Hemmung der SUMOylierung Bei der SUMOylierung binden Small-Ubiquitin-like-Modifier-Proteine (SUMOs) an bestimmte Zielproteine. Dieser Prozess hat Einfluss auf die Immunantwort. Die Modulation der SUMOylierung – entweder durch Stimulation des Vagusnervs oder durch die Behandlung mit einem SUMOylierungs-Hemmer – könnte neue Wege der CED-Therapie eröffnen, bei denen der Fokus auf der direkten Behandlung von Entzündungen liegt.

SUMOylierung: Hemmung bremst Krankheitsverlauf

Im Jahr 2022 hatten US-Wissenschaftler von der Duke University, unterstützt von den National Institutes of Health, begonnen zu untersuchen, ob die Stimulation des Vagusnervs die SUMOylierung beeinflussen und eine natürliche entzündungshemmende Reaktion auslösen kann. Die Studie, deren Ergebnisse gerade veröffentlicht wurden, ist laut ihren Autoren die erste, die zeigt, dass die gezielte Bekämpfung spezifischer Formen der SUMOylierung den sich negativ auswirkenden Zustrom von Immunzellen verhindern könnte, der im Darm Entzündungen auslösen kann. Der Erstautor der Studie, Dr. Ayman Youssef, inzwischen am Vanderbilt Medical Center tätig, analysierte Daten und stellte fest, dass die Hemmung der SUMOylierung durch genetische oder medikamentöse Ansätze den Krankheitsverlauf in Mausmodellen dramatisch verlangsamte.

„Ein überraschendes Ergebnis dieser Studie ist, dass die Hemmung der SUMOylierung die positiven Effekte der Vagusnervstimulation nachzuahmen scheint, was zu einer Verbesserung der klinischen Symptome der Colitis führt“, erklärt Prof. Wei Yang von der Duke School of Medicine.

Es sei bereits bekannt, dass Stress eine bedeutende Rolle bei der Verschlimmerung von CED-Symptomen spielt. „Die Stimulation des Vagusnervs neutralisierte die Auswirkungen von Stress und stellte einen ausgeglichenen und gesunden physiologischen Zustand wieder her“, berichtet Prof. Luis Ulloa, ebenfalls von der Duke, der leitende und korrespondierende Autor der Studie. „Viele Entspannungstechniken wie tiefes Atmen und Meditation sind darauf ausgelegt, das parasympathische System zu stärken, wobei der Vagusnerv eine zentrale Rolle bei der Entspannung der meisten unserer Organe spielt. Zwar wurde in älteren Arbeiten angedeutet, dass der Vagusnerv eine Rolle spielen könnte. Doch unsere Studie zeigt, dass seine Wirkung durch die Regulierung der SUMOylierung vermittelt wird.“

Ulloa räumt allerdings ein, dass möglicherweise nicht alle Patienten gleich reagieren. Auch könne es bei der Übertragung von Ergebnissen aus Laborstudien in ein klinisches Setting zu anderen Ergebnissen führen oder auf das Fehlen eines Nutzens hindeuten. Der als „bioelektronische Medizin“ bezeichnete Ansatz ist Teil eines wachsenden Forschungsgebietes, in dem die Nervenstimulation zur Behandlung verschiedener entzündlicher Erkrankungen von Rheumatoider Arthritis bis hin zu Morbus Crohn erforscht wird.