Verbraucheraufruf des vzbv zeigt: Kassenleistung teils als Selbstzahlerleistung verkauft − Virchowbund kontert24. Oktober 2024 Foto: ©Budimir Jevtic – stock.adobe.com Verbraucher berichten immer wieder, dass Ärzte ihnen Kassenleistungen als Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) verkaufen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat deshalb einen Verbraucheraufruf gestartet. Die Zwischenauswertung von knapp 300 Rückmeldungen zeigt laut vzbv, dass eine Umwandlung von Kassenleistungen in IGeL stattfinde. „Verbraucher:innen müssen darauf vertrauen können, dass sich ärztliches Handeln einzig am Bedarf der Patient:innen ausrichtet. Ärzt:innen sind verpflichtet, ihre Patient:innen wahrheitsgemäß darüber aufzuklären, welche Leistungen unter welchen Bedingungen von der Krankenkasse übernommen werden. Daran müssen sie sich halten. Eine Praxis ist keine Verkaufsfläche“, so Michaela Schröder, Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik im vzbv. Rückmeldungen der Verbraucher Verbraucher berichten unter anderem, dass sie für eine Ultraschalluntersuchung der Brust selbst zahlen mussten, obwohl ein begründeter Verdacht auf eine bösartige Veränderung oder eine Überweisung vorlag. Es gab auch Berichte, dass notwendige Kontrolluntersuchungen bei Augenärzten sowie Tests zur Feststellung der Sehstärke als Selbstzahlerleistungen abgerechnet wurden. In knapp einem Fünftel der eingegangenen Meldungen (19 Prozent) gaben Verbraucher an, nicht über die privat zu tragenden Kosten im Vorfeld der Behandlung informiert worden zu sein. In zwei Drittel der Fälle (66 Prozent) berichteten sie, dass sie trotz der Kosten die medizinische Leistung in Anspruch genommen haben. „Es überrascht nicht, dass Patient:innen zusätzliche Kosten in Kauf nehmen. Ihre Verhandlungsposition wird dadurch geschwächt, dass Termine bei anderen Ärzt:innen meist nur mit erheblichen Wartezeiten oder teils gar nicht zu bekommen sind. Das erhöht die Zahlungsbereitschaft“, so Schröder. Problemfall Hautkrebsfrüherkennung Im Fachgebiet der Dermatologie gaben Verbraucher größtenteils (70 von 77 Meldungen) Rückmeldung zur Untersuchung der Hautkrebsfrüherkennung, die ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre von der Krankenkasse übernommen wird. Verbraucher schilderten, dass sie entweder die Kosten des Hautkrebsscreenings selbst tragen oder Zuzahlungen leisten sollten, z.B. für die Nutzung eines Auflichtmikroskops. Sie berichteten zudem von dem Problem, dass in ihrem näheren Wohnumfeld keine Ärzte die Hautkrebsuntersuchung als Kassenleistung anboten. Damit Ärzte die Untersuchung als Kassenleistung abrechnen können, müssen sie einmalig an einer zertifizierten Fortbildung teilnehmen. Der vzbv fordert, dass Vertragsärzte Kassenleistungen auch als solche anbieten und notwendige Voraussetzungen zur Abrechnung als Kassenleistung erfüllen müssen. „Finanzielle Motive dürfen in der ärztlichen Versorgung keine Rolle spielen“, so Schröder. Patientenrechte stärken Die Bundesregierung müsse die Rechte von Patient:innen stärken, fordert der vzbv. Das veraltete Patientenrechtegesetz aus dem Jahr 2013 müsse dringend überarbeitet werden – auch mit Hinblick auf die Umwandlung von Kassenleistungen zu IGeL. „Patient:innen müssen besser vor fragwürdigen IGeL-Praktiken geschützt werden“, so Schröder. Der Verbraucheraufruf „Beim Arztbesuch unnötig zur Kasse gebeten?“ läuft weiterhin. Verbraucher:innen können ihre Erfahrungen online schildern: verbraucherzentrale.de Methode Die Marktbeobachtung des Verbraucherzentrale Bundesverbands schaltete den Verbraucheraufruf am 29. Februar 2024 auf der Webseite der Verbraucherzentralen. Ausgewertet wurden 297 bis zum 16. September 2024 eingegangene Meldungen von Verbrauchern. Rückschlüsse auf die Häufigkeit der Problemschilderungen in der Gesamtbevölkerung sind aus den Daten nicht ableitbar. Virchowbund: IGeL-Kritik lenkt vom wahren Problem ab „Weniger als 300 Meldungen bei rund einer Milliarde Patienten-Arzt-Kontakten im Jahr zeigt eindeutig die Dimension der Sachlage”, kommentiert der Bundesvorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte (Virchowbund), Dr. Dirk Heinrich. „Nicht Selbstzahlerleistungen sind das Problem unserer Zeit, sondern die Aufrechterhaltung der ambulanten Strukturen in Deutschland. Verbraucher wollen ihren Haus- und Facharzt um die Ecke mit möglichst wenig Wartezeit. Diese Strukturen stehen im Moment auf der Kippe: durch die anhaltende Budgetierung, eine Unterfinanzierung in den Praxen und einen stetig wachsenden Fachkräftemangel. Stattdessen befassen sich die mit öffentlichen Geldern alimentierten Verbraucherzentralen mit populistischen Nischenthemen.“
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