Verdacht auf Prostatakrebs: Bei unauffälligem MRT ist das Krebsrisiko gering

Mit einem MRT-Gerät wie diesem können Aufnahmen gemacht werden, anhand derer sich aggressiver Prostatakrebs erkennen lässt. Foto: © Charité | Rafael Poschmann

Ob die MRT-gestützte Strategie zur Prostatakrebserkennung auch langfristig sicher ist, hat eine Studie der Charité – Universitätsmedizin Berlin untersucht. Sie kommt zu dem Schluss, dass sich die Patienten damit mindestens für drei Jahre keinem erhöhten Risiko aussetzen.

Eine Prostata-Stanzbiopsie kann mit unangenehmen Begleiterscheinungen in den Folgetagen sowie mit einem gewissen Infektionsrisiko einhergehen. „Wir wollten deshalb herausfinden, ob man bei Männern, deren MRT-Aufnahmen unauffällig sind, erstmal abwarten und beobachten kann, anstatt gleich eine Biopsie zu machen“, erklärt Dr. Charlie Hamm, Erstautor der Publikation im „JAMA Oncology“ und Arzt an der Klinik für Radiologie der Charité.

Biopsien lassen sich bei negativem MRT-Befund vermeiden

Tatsächlich hat sich dieses Vorgehen, bei dem sich an einen unauffälligen MRT-Befund regelmäßige urologische Kontrollen anschließen, als ausreichend verlässlich herausgestellt: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann mit einem unauffälligen MRT-Ergebnis innerhalb von drei Jahren nicht an aggressivem Prostatakrebs erkrankte, lag im Rahmen der Studie bei 96 Prozent. Nur bei vier Prozent der Teilnehmenden wurde trotz negativem MRT-Befund bei weiteren Kontrollen aggressiver Prostatakrebs festgestellt.

„Das Krebsrisiko ist also sehr gering, wenn die MRT-Aufnahme der Prostata keine Auffälligkeiten zeigt“, resümiert Hamm. „Zwar bietet ein unauffälliger MRT-Befund alleine keine hundertprozentige Sicherheit, aber wenn man die Patienten regelmäßig kontrolliert, entdeckt man einen möglichen Krebs früh genug. Das bedeutet für viele Männer: Sie können sich die unangenehme Gewebeprobe erstmal ersparen und müssen sich trotzdem keine Sorgen machen, dass ein Krebs übersehen wird.“

Kontrolluntersuchungen reichen aus, um Krebs früh festzustellen

Für die Studie hat das Team fast 600 Männer mit Verdacht auf Prostatakrebs untersucht. Bei ihnen wurde an der Charité eine multiparametrische MRT (mpMRT) durchgeführt. Dabei werden mehrere gewebespezifische Parameter miteinander kombiniert, etwa die Signalintensität des Prostatagewebes, die Durchblutung und die Diffusion von Wassermolekülen im Gewebe. Ein Team erfahrener Radiologen hat die Bilder ausgewertet. „Nur wenn die MRT-Aufnahmen verdächtige Veränderungen der Prostata zeigten, wurde eine Gewebeprobe genommen. Die Männer mit unauffälligem MRT-Befund unterzogen sich stattdessen drei Jahre lang regelmäßig urologischen Kontrolluntersuchungen. So konnten wir sehen, ob dieser Ansatz sicher ist“, schildert Hamm das Vorgehen.

Hochwertige MRT-Befunde und Sicherheitsnetz sind essenziell

Die Studie ist nach acht Jahren nun abgeschlossen. „Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer personalisierten Prostatakrebsversorgung. Durch den effektiveren Einsatz der Magnetresonanztomografie können wir sicherstellen, dass Männer die richtigen Untersuchungen und Behandlungen zum richtigen Zeitpunkt erhalten“, sagt der Fellow des Junior Clinician Scientist Programms, das die Charité zusammen mit dem Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) betreibt.

Die Ergebnisse sind auch für Ärzte relevant, um ihre Patienten bei der Entscheidung zu unterstützen, wann eine Biopsie wirklich nötig ist. Die Europäische Gesellschaft für Urologie empfiehlt in ihren Leitlinien zwar bereits eine MRT vor einer Prostatabiopsie. Bisher war jedoch unklar, wie sicher es ist, bei einem negativen MRT-Befund ganz auf die Biopsie zu verzichten. „Unsere Ergebnisse zeigen nun, dass auch in einem dezentralen, ambulanten Versorgungsnetz der sogenannte MRT-Diagnoseweg sicher und effektiv ist“, stellt Hamm fest. Die Studie entstand in enger Kooperation zwischen niedergelassenen urologischen Praxen in Berlin und der Klinik für Radiologie der Charité. Die niedergelassenen Ärzte waren sowohl bei der Konzeption der Studie als auch bei der Rekrutierung, den Folgeuntersuchungen und Behandlungen beteiligt. „Wir hoffen, dass die Studie einen Anstoß gibt, den Stellenwert der MRT als Entscheidungshilfe für oder gegen eine Biopsie auch in der deutschen Leitlinie weiter zu stärken“, ergänzt Erstautor Hamm.

Damit die neuen Erkenntnisse bald Eingang in die Praxis finden, sind den Studienautoren zufolge allerdings zwei weitere Aspekte entscheidend: Erstens müssten die MRT-Aufnahmen von erfahrenen Fachleuten durchgeführt und analysiert werden. Das heißt, es müssten mehr Radiologen in der genauen Interpretation von Prostata-MRT-Aufnahmen geschult sowie standardisierte Verfahren angewendet werden. Zweitens sei es wichtig, ein Sicherheitsnetz für die Männer zu schaffen, die zunächst keine Biopsie erhalten. „Das bedeutet klare Richtlinien für die PSA-Überwachung, wiederholte MRT-Untersuchungen und Kriterien, wann später eine Biopsie notwendig sein könnte“, betont Hamm.

(Charité/ms)