Verlust eines Strukturproteins macht Spermien unfruchtbar

Gina Esther Merges und Hubert Schorle untersuchen Gene, die an der Spermienreifung beteiligt sind, und sind so möglichen Ursachen für Infertilität auf der Spur. Foto: Universitätsklinikum Bonn / Rolf Müller

Forscher aus Bonn haben herausgefunden, dass das Strukturprotein ACTL7B im Mausmodell entscheidend für die korrekte Form und Funktionsfähigkeit der Spermien ist. Fehlt es, so werden bei der Spermienreifung auch andere Proteine nicht richtig angeordnet.

Reife Samenzellen bestehen hauptsächlich aus einem ovalen Kopf, einem kurzen Mittelstück und einem langen Schwanz für die Fortbewegung. Jetzt fanden Forschende vom Universitätsklinikum Bonn (UKB) und vom Transdisziplinären Forschungsbereich „Life & Health“ der Universität Bonn heraus, dass der ACTL7B-Verlust bei männlichen Mäusen die Spermienbildung blockiert. Die Zellen können ihre charakteristische Gestalt nicht mehr annehmen und verbleiben in einer eher runden Form. Die Tiere sind unfruchtbar. Die Ergebnisse der Studie sind jetzt im Fachjournal „Development“ veröffentlicht.

Männliche Samenzellen werden im Hoden während der Spermatogenese ständig in großen Mengen produziert. Dabei werden aus runden Keimzellen die typischen länglichen Spermien geformt. Für diese enorme Gestaltänderung braucht es spezielle Strukturproteine. Eines dieser Strukturproteine ist ACTL7B. „Da es bei Mensch und Maus ausschließlich während der Reifung der männlichen Spermien gebildet wird, wurde postuliert, dass das Protein für diese Phase der Entwicklung wichtig ist“, sagt Korrespondenzautor Prof. Hubert Schorle vom Institut für Pathologie am UKB, der auch Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life & Health“ der Universität Bonn ist.

Um die Rolle des Strukturproteins in der Spermiogenese zu untersuchen, hat das Team um Schorle mittels Genschere ein Mausmodell mit einer Mutation im Actl7b-Gen generiert. Dadurch kommt es zu einem kompletten Funktionsverlust von ACTL7B. „Ohne ACTL7B wird die Entwicklung blockiert, die Zellen verbleiben oft in einer rundlichen Form, bilden meist nicht die längliche, typische Spermienform und sterben im weiteren Verlauf zu großen Teilen ab“, sagt Erstautorin Gina Esther Merges, Doktorandin der Universität Bonn am Institut für Pathologie des UKB.

Störung im Netzwerk von Proteinen

In diesem Zusammenhang fanden die Bonner Forschenden heraus, dass das ACTL7B für die Organisation des Zytoskeletts von Spermatiden nötig ist. Mittels massenspektrometrischer Analysen identifizierten sie zwei Interaktionspartner von ACTL7B, DYNLL1 und DYNLL2. „Wir konnten zeigen, dass ohne das Strukturprotein DYNLL1 und 2 nicht korrekt in den runden Spermatiden lokalisiert sind. Da es sich wahrscheinlich um einen größeren Proteinkomplex mit weiteren Interaktionspartnern handelt, führen wir den oben beschriebenen Effekt auf einen Verlust der zeitlich und räumlich genau geregelten und gezielten Umverteilung von diesen Strukturproteinen zurück“, sagt Schorle.

Das erklärt, warum die Spermien männlicher Mäuse mit mutiertem Actl7b-Gen ihre charakteristische Gestalt nicht mehr annehmen können. Aufgrund dieser Störung der Spermienreifung sind die Tiere unfruchtbar. Zudem gibt es laut anderen Forschungsarbeiten Hinweise, dass bei manchen Fertilitätspatienten der Pegel des Proteins ACTL7B vermindert ist. „Unsere Studie zeigt, dass Mutationen im Actl7b-Gen die Ursache bei männlicher Unfruchtbarkeit sein könnten“, sagt Schorle.

(UKB/ms)