Virtuelles Training verändert das Mikrobiom und hilft beim Denken

Die Jugendlichen trainierten VR-basiert regelmäßig Sportarten, wie Fußball oder Tischtennis. (Quelle: Yueqiong Ni)

Eine internationale Studie mit Beteiligung des Exzellenzclusters „Balance of the Microverse“ der Friedrich-Schiller-Universität Jena zeigt: Virtual-Reality-Sport wirkt gezielter auf kognitive Fähigkeiten als klassischer Sport – auch durch Veränderungen im Mikrobiom.

Übergewicht bei Jugendlichen ist nicht nur ein Risikofaktor für körperliche Erkrankungen, sondern auch für kognitive Beeinträchtigungen. Eine internationale Studie zeigt nun, dass ein speziell entwickeltes Virtual-Reality(VR)-Sportprogramm namens „Reverie“ nicht nur beim Abnehmen hilft, sondern auch die geistige Leistungsfähigkeit deutlich stärker verbessert als klassischer Sport – und dabei gezielt mikrobielle und molekulare Prozesse im Körper beeinflusst.

Besseres Gedächtnis, vernetzteres Gehirn

In der kontrollierten Studie mit übergewichtigen Jugendlichen verglichen die Forschenden klassische körperliche Aktivität mit dem VR-gestützten Reverie-Training über einen Zeitraum von acht Wochen. Beide Gruppen verloren ähnlich viel Gewicht (im Durchschnitt etwa 3,5 bis 4 kg), aber die Reverie-Gruppe schnitt bei kognitiven Tests deutlich besser ab: Sowohl das Arbeitsgedächtnis als auch die Geruchsfunktion wurden deutlich verbessert. Zudem zeigte sich in bildgebenden Verfahren des Gehirns, dass das VR-Sportprogramm speziell die Verarbeitung des Arbeitsgedächtnisses, die neuronale Aktivierung und die funktionelle Reorganisation beeinflusste.

Kognitive Vorteile durch das Mikrobiom im Darm

Ein zentrales Ergebnis: Die durch Reverie ausgelösten positiven Effekte auf das Denken gingen mit messbaren Veränderungen bei Molekülen, Stoffwechselprodukten und insbesondere der mikrobiellen Zusammensetzung im Darm einher. Diese Unterschiede wurden nur bei der VR-Gruppe festgestellt – und sie korrelierten eng mit den verbesserten kognitiven Leistungen.
„Unsere Daten zeigen, dass Reverie weit über Bewegung hinauswirkt: Es verändert gezielt das Mikrobiom und wichtige Stoffwechselprozesse, die offenbar direkt mit der geistigen Fitness verbunden sind“, erklärt Dr. Yueqiong Ni, Forschender im Exzellenzcluster „Balance of the Microverse“.

Fokus auf mikrobielle Gemeinschaften als Kernthema

Der Exzellenzcluster „Balance of the Microverse“ untersucht, wie mikrobielle Gemeinschaften in verschiedenen Umgebungen – etwa im menschlichen Körper – Gesundheit und Krankheit beeinflussen. Die aktuelle Studie liefert einen konkreten Anwendungsfall: „Wir konnten zeigen, dass eine digitale Intervention wie Reverie über molekulare und mikrobielle Veränderungen tatsächlich auf die Gehirnleistung wirkt“, erklärt Prof. Gianni Panagiotou, Microverse-Professor und Leiter der Abteilung Mikrobiom-Dynamik am Leibniz-HKI.

Diese Verbindung von Gehirn, Stoffwechsel und Mikrobiom – untersucht mithilfe von Multi-Omics-Analysen – belege, so Panagiotou, das Potenzial von VR-Sport als personalisierte Therapieform für übergewichtige Jugendliche.

Globale Forschung, praxisnahe Lösungen

An der Studie waren mehr als 30 Forschungseinrichtungen weltweit beteiligt, darunter die Shanghai Jiao Tong University, die University of Hong Kong, die Harvard Medical School, die Tsinghua University und die National University of Singapore. Die deutsche Beteiligung fokussierte sich insbesondere auf die Analyse der mikrobiellen und molekularen Daten – ein Schlüsselbereich des Jenaer Exzellenzclusters.