Vorteil einer frühen Antikoagulation nach Schlaganfall bei Vorhofflimmern

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Der richtige Zeitpunkt für den Einsatz von Antikoagulanzien nach einem Hirninfarkt bei Vorhofflimmern ist unklar, da die Substanzen das Risiko für Einblutungen erhöhen. Eine neue Investigator-initiierte Studie1 hat nun den frühen versus späten Beginn einer Antikoagulation in dieser Situation verglichen. Insgesamt erwies sich der frühzeitige Beginn als sicher, dennoch rät die Deutsche Gesellschaft für Neurologie zu Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse. 

Die Sekundärprophylaxe nach einem embolischen Hirninfarkt bei VHF stellt eine besondere Herausforderung dar, da hier erfahrungsgemäß an den ersten zwei Tagen das Risiko für weitere Ereignisse besonders hoch ist. Es läge also nahe, sofort mit einer gerinnungshemmenden Therapie zu beginnen – das Problem ist jedoch, dass alle oralen Antikoagulanzien das allgemeine Blutungsrisiko prinzipiell erhöhen und darüber hinaus das Hirngewebe nach einem Schlaganfall besonders empfindlich ist und es leichter zu Einblutungen in das betroffene Areal kommen kann.

Der optimale Zeitpunkt, um in dieser speziellen Situation mit der der oralen Antikoagulation zu beginnen, liegt laut Leitlinien2 bei der Mehrheit der Betroffenen zwischen Tag 4 und 14. Er sollte individuell festgelegt werden und richtet sich nach der Infarktgröße und Begleitfaktoren. Ein zu früher Beginn, so die verbreitete Sorge, könnte mit einem erhöhten Risiko sekundärer Einblutungen in das Schlaganfallareal einhergehen. Kleinere Studien gaben allerdings bereits Hinweise darauf, dass eine frühzeitige Antikoagulation sicher und vorteilhaft sein könnte, da die klinischen Vorteile das Blutungsrisiko deutlich überwiegen.

Um dies genauer zu analysieren und künftig einen konkreteren Anhalt für das Timing der oralen Antikoagulation zu haben, wurde eine Investigator-initiierte internationale Studie (an mehr als 100 Zentren in 15 Ländern) durchgeführt.1 Die ELAN-Studie („Early versus Late initiation of direct oral Anticoagulants in post-ischemic stroke patients with atrial fibrillatioN”) verglich den frühen mit dem späten Beginn der Antikoagulation bei Menschen mit VHF und erlittenem Hirninfarkt. Der frühe Beginn war definiert als Gabe von Antikoagulanzien binnen 48 Stunden nach einem leichten oder moderaten Schlaganfall und binnen sechs bis sieben Tagen nach einem schweren ausgedehnten Hirninfarkt. Bei Patientinnen und Patienten der Vergleichsgruppe wurde die Therapie erst drei bis vier Tage nach leichtem Schlaganfall begonnen, sechs bis sieben Tage nach moderatem und zwölf bis 14 Tage nach schwerem Schlaganfall, entsprechend der derzeit üblichen klinischen Praxis. Der zusammengesetzte primäre Endpunkt (über 30 Tage) bestand aus ischämischen Folgeschlaganfällen, systemischen Embolien (d. h. Gerinnselverschleppung in andere Organe), großen extrakraniellen Blutungen, symptomatischen intrakraniellen Blutungen und Tod aufgrund vaskulärer Ursachen.

Insgesamt wurden 2013 Patienten ausgewertet. Von diesen hatten drei Prozent einen leichten Schlaganfall erlitten, 40 Prozent einen moderaten und 23 Prozent einen schweren. 1006 Studienteilnehmer erhielten eine frühe Antikoagulation, 1007 eine späte. Innerhalb von 30 Tagen trat in der frühbehandelten Gruppe bei 29 Patienten ein primäres Endpunktereignis auf, in der Vergleichsgruppe mit der später begonnenen Antikoagulation bei 41. Einen Folgeschlaganfall erlitten innerhalb von 30 Tagen 14 Personen aus der früh antikoagulierten Gruppe und 25 aus der spät antikoagulierten Gruppe, nach 90 Tagen 18 vs. 30 Betroffene. Zu symptomatischen intrakranialen Blutungen kam es in beiden Gruppen nur bei zwei Personen. Große extrakranielle Blutungen traten bei drei Studienteilnehmern in der „Frühgruppe“ und bei fünf in der „Spätgruppe“ auf.

Das Autorenteam weist auf mögliche Limitationen der Studie hin. Zum einen waren mit Antikoagulanzien vorbehandelte Patienten nicht eingeschlossen worden, zum anderen war der Schlaganfallschweregrad (NIHSS-Score) insgesamt gering.

„Das Studienergebnis ermutigt dazu, die Antikoagulation eher frühzeitig zu beginnen,“ erklärt Prof. Götz Thomalla, Hamburg, Leiter der DGN-Kommission zerebrovaskuläre Erkrankungen. „Es gab keinerlei Hinweis auf ein erhöhtes Blutungsrisiko bei früherem Beginn. Allerdings ist Zurückhaltung bei der Interpretation der Studie angebracht. Eine Überlegenheit des frühen oralen Antikoagulation konnte nicht gezeigt werden, dies war aber auch nicht das Ziel der Studie. Der Einsatz der Antikoagulation sollte immer individuell sorgfältig abgewogen werden. Dafür sind Vorbehandlung, Infarktschwere, Alter und Blutungsneigung wichtige Kriterien. Eine allgemeine Empfehlung für einen frühen Therapiebeginn lässt sich allein aus dieser Studie nicht ableiten, die Ergebnisse können allerdings helfen, insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit hohem Rezidivrisiko mutiger zu sein im Hinblick auf einen frühen Beginn der oralen Antikoagulation.“