Wasserschnecke schreckt Feinde mit Leuchtschleim

Die 3D-Rekonstruktion von Latia neritoides zeigt eine Seitenansicht, wobei die rechte Seite den vorderen und die linke Seite den hinteren Teil des Tieres darstellt, und lässt verschiedene Organsysteme erkennen. Das Fortpflanzungssystem ist in Blau dargestellt. Das Nervensystem (Weiß markiert) wickelt sich um die rot gefärbte Radulamuskulatur. Ein Teil der Radula selbst, in Grau dargestellt, ragt nach außen. Die Abschnitte des Verdauungstrakts sind Dunkelgrün gefärbt. 3D-Modell: © Sophie Greistorfer

Die Süßwasserschnecke Latia neritoides verteidigt sich gegen Fressfeinde mit leuchtendem Schleim. Das hat ein internationales Forscherteam entdeckt und auch gleich ein vollständiges 3D-Modell der in Neuseeland vorkommenden Schneckenart entwickelt.

Biolumineszenz ist die Fähigkeit von Lebewesen, Licht zu erzeugen. Die bekanntesten Vertreter sind Leuchtkäfer und Glühwürmchen. Doch biolumineszierende Organismen leben fast überall auf dem Planeten – und die meisten davon unter Wasser. Eine internationale Forschungskooperation unter Leitung der Universität Wien und der Veterinärmedizinischen Universität Wien untersuchte eine ganz besondere, im Wasser heimische Spezies.

Die Süßwasserschnecke Latia neritoides kommt in Flusssystemen auf der Nordinsel Neuseelands vor. Sie verteidigt sich gegen Fressfeinde mit einem einzigartigen Mechanismus – der Abgabe von klebrigem, leuchtendem Schleim. Früher wurden zwei mögliche Ursprünge dieses Abwehrschleims vermutet: der Fuß und der Bereich des Pneumostoms. Dabei handelt es sich um eine Atemöffnung der Lungenschnecken, zu denen auch L. neritoides zählt. Im Inneren der Mantelhöhe, in welche das Pneumostom führt, befinden sich die Ausführgänge des Darmes, der Nieren und der Keimdrüsen sowie die Atmungsorgane.

Leuchtender Abwehrschleim aus der Mantelhöhle

Die allgemeine Morphologie von L. neritoides genau unter die Lupe zu nehmen, war ein Teilaspekt der PhD-Arbeit von Sophie Greistorfer, die unter Supervision von Gerhard Steiner (Department für Evolutionäre Biologie der Universität Wien) und Ingrid Miller (Department für Biologische Wissenschaften und Pathobiologie der Vetmeduni) am Department für Evolutionäre Biologie der Universität Wien tätig ist. Weiter an der Studie beteiligt waren der Klebstoffexperte Janek von Byern, Stefan Geyer und Wolfgang Weninger von der MedUni Wien und Benno Meyer-Rochow (Oulu University und National University Andong).

„Nachdem wir in einer früheren Studie das Drüsensystem des Fußes erforscht hatten, konzentrierten wir uns in der vorliegenden Arbeit auf die äußere Gestalt der Wasserschnecke – insbesondere auf die Beschaffenheit der Mantelhöhle“, erklärt Sophie Greistorfer. Mittels 3D-Untersuchungen charakterisierten die Wissenschaftler auf der Grundlage ihrer Ultrastruktur die zwei häufigsten Drüsentypen in der Mantelhöhle. Diese gelten als wahrscheinliche Kandidaten für die Produktion einer oder mehrerer Komponenten des Abwehrschleims – was sich in histochemischen Analysen auch bestätigte.

Erstes vollständiges 3D-Modell von L. neritoides

„Zwar konnte unsere Studie das Rätsel um den Ursprung der Produktion des leuchtenden Schleims nicht vollständig lösen. Unsere Untersuchung der Mantelhöhle auf ultrastruktureller Ebene ist aber zweifellos von erheblicher Bedeutung für die Biolumineszenz- und physiologische Forschung bei L. neritoides“, sagt Studienautor Gerhard Steiner.

Quasi als Nebenprodukt steht nun auch das erste vollständige 3D-Modell von L. neritoides zur Verfügung. „Damit ist es möglich, frühere morphologische Studien zu bewerten und ein besseres Verständnis der Anatomie der Weichteile dieses faszinierenden Gastropoden zu entwickeln“, so Ingrid Miller. „Unser nächstes Ziel ist die genauere Untersuchung des Leuchtschleims, vor allem der enthaltenen Proteine, um das Leuchten und die Klebeeigenschaften dieses Sekrets näher zu ergründen.“