Weltweite Beachtung für eine in Kiel entwickelte Therapie der Colitis ulcerosa27. April 2023 Abbildung: © Lars Neumann/stock.adobe.com Kieler Forschende haben hochranging in „JAMA” eine Phase-II-Studie veröffentlicht, in der die Wirksamkeit und Verträglichkeit des neuen, von ihnen entwickelten Wirkstoffes Olamkicept bei Colitis ulcerosa bestätigt wird. Prof. Jens Scholz, Vorstandsvorsitzender (CEO) des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) gratuliert zu diesem Erfolg, denn er zeige „eindrucksvoll, dass es bei uns in Schleswig-Holstein gelingt, die Ergebnisse medizinischer Spitzenforschung als innovative Therapie direkt ans Krankenbett zu bringen.“ Prof. Joachim Thiery, Dekan der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), ergänzt: „Die erfolgreiche Phase-II-Studie in ‚JAMA‘ gibt jetzt vielen Patientinnen und Patienten mit Entzündungserkrankungen neue Hoffnung. Der Weg von der Entdeckung eines neuen biochemischen Prinzips bis zur klinischen Anwendung folgt unserem Leitbild der Nachhaltigkeit medizinischer Forschung. Dieser Erfolg ist ein Meilenstein der Präzisionsmedizin.“ Prof. Stefan Schreiber, Direktor der Klinik für Innere Medizin I des UKSH, Campus Kiel, sagt: „Dass das Funktionieren unseres Therapiemechanismus nun internationale Beachtung findet, ist eine sehr gute Nachricht für Patientinnen und Patienten, denn eine Zulassung rückt in greifbare Nähe.“ Stefan Schreiber, Direktor der Klinik für Innere Medizin I des UKSH, Campus Kiel. (Foto: © UKSH) Schreiber, außerdem Sprecher des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) und Direktor des Institutes für Klinische Molekularbiologie der CAU und des UKSH, hat mit seinen Teams die Entwicklung des Wirkstoffes wesentlich vorangetrieben. Der Erfinder des Moleküls, der Kieler Biochemiker Prof. Stefan Rose-John, ist stolz auf den Erfolg, dass sich die jahrzehntelangen Vorarbeiten tatsächlich auf den Menschen übertragen ließen. „Das ist bei weitem nicht selbstverständlich. Viele Moleküle wirken in Tiermodellen, nur selten lassen sich die dort erzielten Erfolge auf den Menschen übertragen. Wir haben mit dem biochemischen Prinzip, das wir gefunden haben, die Tür zu einer ganz neuen Entzündungsmedizin geöffnet“, unterstreicht Rose-John. Olamkicept basiert auf einem neuartigen Wirkprinzip, das bisher keines der zugelassenen Medikamente gegen C. ulcerosa nutzt. Bei einer Entzündung, wie sie bei C. ulcerosa auftritt, wird vom Körper vermehrt das Signalmolekül Interleukin-6 (IL-6) ausgeschüttet. Wenn jedoch − wie bei bisherigen Medikamenten − alle Wirkungen von IL-6 blockiert werden, dämpft dies zwar sehr erfolgreich die Entzündung, gleichzeitig kann aber das Immunsystem durch die Blockade von IL-6 so stark unterdrückt werden, dass der Körper deutlich anfälliger gegenüber Infektionen wird. Das Besondere an Olamkicept ist, dass es gezielt den IL-6-Trans-Signaling-Signalweg blockiert. Diesen Signalweg und auch das blockierende Protein sgp130Fc hatte Rose-John entdeckt und Pionierarbeit in deren Erforschung geleistet. Er entwickelte zusammen mit Forschenden des Exzellenzclusters PMI das sgp130Fc Protein weiter, das schließlich als Medikamentenkandidat Olamkicept in klinischen Studien getestet werden konnte. In einer ersten Studie mit 16 Patienten am UKSH, Campus Kiel, konnte 2021 das grundsätzliche Funktionieren des Therapiemechanismus von Olamkicept nachgewiesen werden. Die nun in „JAMA” veröffentlichte Studie konnte abermals die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Olamkicept bei Patienten mit C. ulcerosa aus verschiedenen asiatischen Ländern zeigen. In der Phase-II-Studie des Unternehmens I-Mab Biopharma bekamen 91 Patienten mit mittelschwerer oder schwerer C. ulcerosa entweder ein Placebo, 300 mg Olamkicept pro Tag oder 600 mg Olamkicept pro Tag über zwölf Wochen. Die Studie war doppelverblindet. Nach den zwölf Wochen zeigten signifikant mehr Personen, die 600 mg Olamkicept bekommen hatten, eine klinische Reaktion (Verbesserung der Symptome oder der endoskopischen Befunde). Bei rund 21 Prozent verschwanden die Symptome komplett (gegenüber 0% in der Placebo-Gruppe) und bei fast 35 Prozent konnte eine Heilung der Mukosa festgestellt werden (vs. 3% in der Placebogruppe). Die Ergebnisse wurden erstmals auf der internationalen gastroenterologischen Fachkonferenz Digestive Disease Week im Dezember 2021 vorgestellt und im März dieses Jahres in „JAMA” veröffentlicht. „Dass die internationale Fachwelt die Studienergebnisse nun im Peer-Review-Verfahren anerkannt hat, ist ein großer Meilenstein für unsere Forschung, deren erklärtes Ziel es ist, Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung zu bringen“, betont Schreiber. Die Entwicklung von Olamkicept als Arzeimittel betreibt die pharmazeutische Firma Ferring als Lizenznehmer zusammen mit der Kieler Biotechnologiefirma CONARIS Research Institute AG und der chinesischen Pharmafirma I-Mab Biopharma
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