Weltweiter Versorgungsmangel: Sind gemeinsame Arzttermine der Schlüssel zur Lösung?8. August 2023 Symbolbild.©photographicss-stock.adobe.com Neue Forschungsergebnisse der European School of Management and Technology (ESMT) Berlin zeigen, dass mit anderen Personen geteilte Arzttermine die Zufriedenheit von Patienten, den Lernerfolg und die Medikamenteneinnahme verbessern, ohne die Nachuntersuchungsraten oder die klinischen Ergebnisse zu beeinträchtigen. Diese Forschung wurde von Nazlı Sönmez, ESMT Berlin, Kavitha Srinivasan und Rengaraj Venkatesh, Aravind Eye Hospital (Indien), Ryan W. Buell, Harvard Business School, und Kamalini Ramdas, London Business School, durchgeführt. Die Wissenschaftler wollten die Auswirkungen gemeinsamer Arzttermine auf die Erfahrungen der Patienten und ihr Verhalten untersuchen. Bei gemeinsamen Arztterminen (SMAs für „shared medical appointments”) treffen sich Patienten mit derselben Erkrankung in einer Gruppe mit dem Arzt, wobei jeder Patient nacheinander behandelt wird. Der Behandelnde gibt sowohl Informationen weiter, die auf die speziellen Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten sind, als auch standardisierte Informationen, die für andere mit der gleichen Erkrankung relevant sind. SMAs werden als potenziell effektiver Weg zur Deckung des weltweiten Bedarfs im Gesundheitswesen angepriesen, insbesondere in Ländern, deren Gesundheitssysteme stark belastet sind. Die begrenzte Akzeptanz von SMAs im Gesundheitswesen kann jedoch auf die Bedenken der Patienten hinsichtlich des Verlusts der Privatsphäre zurückgeführt werden, was eine offene Diskussion sensibler medizinischer Themen behindern und das Lernen, die Zufriedenheit und das Engagement beeinträchtigen kann. Diese neue Studie zeigt, dass SMAs die Zufriedenheit von Patienten, das Lernen und die Einhaltung von Medikamenten deutlich verbessern, ohne dass die Nachverfolgungsraten der Patienten oder die gemessenen klinischen Ergebnisse beeinträchtigt werden. Die Forschenden führten eine groß angelegte randomisierte kontrollierte Studie am Aravind Eye Hospital in Indien durch. Indien hat fast ein Fünftel der Weltbevölkerung, gibt aber nur 1,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Gesundheit aus und leidet unter einem gravierenden Mangel an medizinischen Kapazitäten. Eintausend Patienten mit primärem Glaukom wurden nach dem Zufallsprinzip entweder zu Einzelterminen oder zu SMAs mit insgesamt fünf Patienten bei vier aufeinander folgenden Routineuntersuchungen im Abstand von vier Monaten eingeteilt. Am Ende jedes Termins wurden die Patienten befragt, um ihre Zufriedenheit mit dem Termin, ihr Wissen über das Glaukom und ihre Absicht, einen Folgetermin wahrzunehmen, zu ermitteln. Die Patienten wurden auch hinsichtlich ihrer Medikamenteneinnahme beobachtet. „Die Nachfrage nach medizinischer Versorgung ist weltweit enorm und übersteigt das Angebot”, sagt Sönmez. „Vor allem in unterentwickelten Ländern ist das Verhältnis zwischen Patientinnen und Patienten mit Ärztinnen und Ärzten erschreckend, und die Patientinnen und Patienten stehen vor hohen Hürden bei der Inanspruchnahme der Versorgung. Wir müssen innovative Lösungen wie gemeinsame Arzttermine nutzen, um diesen Bedarf zu decken. Andernfalls würden wir einer großen Zahl von Menschen ihr grundlegendes Menschenrecht auf Zugang zur Gesundheitsversorgung vorenthalten.” Den Forschenden zufolge könnten SMAs den Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversorgung erweitern, die Kosten für die private Versorgung senken und die medizinischen Ergebnisse bei verschiedenen Erkrankungen, insbesondere bei Typ-2-Diabetes, sowohl in der Primär- als auch in der Sekundärversorgung deutlich verbessern. Der innovative Einsatz von SMAs könnte dafür sorgen, dass mehr Patienten schneller Zugang zur Gesundheitsversorgung erhalten, was die Gesundheitsversorgung für alle erleichtern würde. Diese Forschungsarbeit wurde im Journal PLOS Global Public Health veröffentlicht.
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