Wie Clostridium difficile in Darmzellen eindringt

Clostridium difficile (Grafik: © gaetan/Adobe Stock)

Clostridium-difficile-Infektionen sind zu einer der Hauptursachen für schwere, manchmal tödlich verlaufende Durchfallerkrankungen geworden. Das Bakterium gedeiht am besten in Krankenhäusern und Langzeitpflegeeinrichtungen, in denen Menschen über einen langen Zeitraum hinweg mit Antibiotika behandelt werden. Ein Großteil der Schäden, die bei einer Infektion mit C. diff. zu beobachten sind, wird durch Toxine verursacht, die das Bakterium produziert und die die Darmschleimhaut schädigen. Nun zeigt eine neue Studie, wie die beiden primären Toxine von C. diff. – A und B – in die Darmzellen gelangen. Dies könne ein erster Schritt hin zu einer möglichen Behandlung betroffener Patienten ohne Antibiotika sein, meinen die Studienautoren.

„Die Krankheit ist rein auf die Toxine zurückzuführen“, sagt Dr. Min Dong, der bakterielle Toxine in der Abteilung für Urologie des Boston Children’s Hospital erforscht. „C.-difficile-Stämme ohne Toxine können den Darm besiedeln, verursachen aber kein Problem.“

Screening auf genetische Schwachstellen

Im Jahr 2016 konnten Dong und seine Kollegen die Einstiegsstelle für Toxin B aufzeigen. Mithilfe der CRISPR/Cas9-Gentechnologie überprüften sie alle Gene in menschlichen Zellen auf ihre mögliche Rolle bei der Toxinbindung und beim Eintritt in Zellen. Als sie das Gen für einen Rezeptor namens Frizzled mutierten, konnte das Toxin nicht in die Zellen gelangen und das Darmgewebe wurde weniger empfindlich dafür.

Mit dem gleichen Ansatz hat das Team nun den Eintrittspunkt für Toxin A identifiziert. Noch besser ist, dass die Aktivität dieses Toxins durch Moleküle blockiert werden kann, die bereits für verschiedene medizinische Indikationen entwickelt wurden.

Wissenschaftler aus Dongs Labor fanden heraus, dass viele Gene, die an der Synthese bestimmter Zuckermoleküle beteiligt sind, für die Bindung von Toxin A an Zellen benötigt werden. Diese als sulfatierte Glykane bekannten Zucker sind auf Zelloberflächen sehr häufig. Viren, natürliche Wachstumsfaktoren und Signalmoleküle nutzen sie oft, um in Zellen einzudringen oder um mit diesen zu kommunizieren. „Als wir die mögliche Rolle sulfatierter Glykane erkannten, suchten wir Hilfe bei unseren Virologiekollegen Dr. Zhuoming Liu und Dr. Lindsey Robinson-McCarthy im Labor von Dr. Sean Whelan an der Harvard Medical School“, sagt Dong, Leiter der neuen Studie. „Sie kennen diese Glykane als Bindungsfaktoren für verschiedene Viren.“

Ein bequemer Eingang

Gemeinsam stellten die Forscher fest, dass Toxin A eine breite Palette sulfatierter Glykane verwendet, um an Zelloberflächen zu binden. Aber das war nicht alles: „Nur an Zellen zu binden ist nicht genug“, sagt Dong. „Das Toxin muss einen Weg finden, um effizient in die Zellen zu gelangen.“ Und das hat es. Der beste Treffer bei ihrem Screen war ein Gen, das für den Rezeptor für Lipoproteine geringer Dichte (LDLR) kodiert. Dieser Rezeptor wandert zwischen der Zelloberfläche und dem Zellinneren hin und her, um Lipoproteine in die Zellen zu bringen. „Toxin A missbraucht LDLR, um effizient in Zellen einzudringen“, erklärt Dong. „Das anfängliche Erkennen von Glykanen zusammen mit der Rekrutierung von LDLR erhöht die Chance für das Toxin, auf Zelloberflächen zu landen und schnell in Zellen eindringen zu können.“

Aus biologischer Sicht rollen Darmzellen so quasi einen roten Teppich für das Toxin aus. Aber es ist ein biologischer Prozess, der relativ leicht zu vereiteln ist, glaubt Dong: Man muss einfach verhindern, dass das Toxin an den Zucker bindet.

Ablenkung mit einem Lockvogel

Die Industrie suche bereits nach sulfatierten Verbindungen, die verhindern, dass verschiedene Moleküle an den sulfatierten Glycanrezeptor binden, berichten die Wissenschaftler. Diese Verbindungen wirken als eine Art Köder und binden Moleküle, die sich ansonsten an Zellen auf der Darmoberfläche binden würden.

„Das Toxin bevorzugt Zucker auf der Zelloberfläche“, sagt Dong. „Künstlicher Zucker könnte es blockieren.“ Ein in der Entwicklung befindlicher „Lockvogel“ ist ein zuckerähnliches Molekül namens GM-1111, dessen Struktur dem Antikoagulans Heparin ähnelt. Es wurde ursprünglich entwickelt, um die Immunantwort bei Entzündungszuständen zu unterdrücken, ohne dass Heparin gerinnungshemmend wirkt, was zu Blutungen führen kann. Sein Hersteller GlycoMira lieferte GM-1111 an Dongs Labor, das es zur Bekämpfung von Toxin A umfunktionierte. In einem Mausmodell reduzierte GM-1111 die Toxin-induzierte Flüssigkeitsansammlung und Gewebeschäden im Dickdarm – laut den Forschern ein ermutigendes Zeichen. Die nächste wissenschaftliche Fragestellung, der sich die Wissenschaftler annehmen wollen, ist, wie die Toxine A und B zusammenwirken, um zu der durch C. diff. hervorgerufenen Erkrankung beizutragen. „Die meisten Infektionen betreffen sowohl A als auch B“, sagt Dong. „Jetzt, da wir Möglichkeiten haben, beide Toxine zu blockieren, können wir einen Kombinationsansatz ausprobieren.“