Wie es zur Dominanz einer Hirnhälfte über die andere kommt6. November 2018 Foto: © paul – Fotolia.com Linke und rechte Hirnhälfte sind auf unterschiedliche Aufgaben spezialisiert. Wie genau es einer Hemisphäre gelingt, bei einer bestimmten Funktion Dominanz über die andere zu gewinnen, ist bislang unklar. Neue Erkenntnisse dazu beschreiben jedoch Biopsychologen der Ruhr-Universität Bochum. Die beiden Hirnhälften sind über dicke Nervenfaserbündel, die sogenannten Kommissuren, miteinander verbunden. „Bislang ging man davon aus, dass die dominante Hemisphäre über die Kommissuren hemmende Signale an die andere Hemisphäre sendet und dort auf diese Weise gewisse Funktionen unterdrückt“, erklärte Prof. Onur Güntürkün. Allerdings gibt es nicht nur hemmende Interaktionen zwischen den beiden Hemisphären, sondern auch erregende. „Wie genau funktionelle Hirnasymmetrien zustande kommen, blieb daher ein Rätsel“, sagte Güntürkün. Im Bochumer Biopsychologie-Labor gingen die Forscher die Frage daher mit einem neuen Ansatz an. Sie ließen Tauben einen Farbunterscheidungstest durchführen, während sie die Aktivität von einzelnen Zellen im visuomotorischen Vorderhirn der Tiere ableiteten. Diese Hirnregion verarbeitet Informationen des Sehsinns und steuert motorische Funktionen anhand von visuellem Input. Bei Vögeln ist die linke Hemisphäre bei diesen Aufgaben dominant. Auf das Timing kommt es an Um den Einfluss der interhemisphärischen Interaktion zu untersuchen, blockierten Xiao und Güntürkün gelegentlich die Aktivität der Neurone, die mit der anderen Hemisphäre kommunizieren. Sie beobachteten, wie diejenigen Neuronen darauf reagierten, die normalerweise Input aus der anderen Hemisphäre bekommen. So konnten sie entschlüsseln, welchen Einfluss die Interaktion zwischen den beiden Hirnhälften normalerweise hat. Das Ergebnis: Wenn die beiden Hirnhälften um die Kontrolle konkurrieren, kann die linke Hemisphäre die Aktivität von Neuronen in der rechten Hemisphäre verzögern. „Die rechte Hemisphäre ist dann schlicht zu spät dran, um die Antwort zu kontrollieren“, schildert Güntürkün. Prinzipiell, so zeigten die Forscher auch, können die Neuronen auf der rechten und linken Seite ihre Aktivität aber auch synchronisieren. „Dieses Resultat zeigt, dass hemisphärische Dominanz durch einen ausgeklügelten Mechanismus entsteht“, resümierte Güntürkün. „Sie hängt nicht nur von einem allgemeinen hemmenden oder erregenden Einfluss ab, sondern von winzigen zeitlichen Verschiebungen in der Nervenzellaktivität auf der gegenüberliegenden Seite.“ Originalpublikation: Xiao Q. et al: Asymmetrical commissural control of the subdominant hemisphere in pigeons. Cell Rep 2018;25(5):1171-1180.e3.
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