Wie Sorafenib Muskelschwund verursacht

Foto: ©Karin Kaiser/MHH

Mit seiner Arbeitsgruppe „Chromatin and SUMO Physiology“ hat Dr. Arnab Nayak von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gezeigt, dass Sorafenib Skelettmuskelzellen aktiv umgestaltet und so eine Kachexie auslöst.

Sorafenib wird unter anderem beim Leberzellkarzinom (HCC) und beim Nierenzellkarzinom (RCC) eingesetzt. Der Tyrosinkinase-Inhibitor richtet sich zum einen gegen mehrere am Zellwachstum beteiligte Enzyme, zum anderen gegen die vom Tumor selbst ausgelöste Bildung neuer Blutgefäße.

Ausbildung und Funktion der Skelettmuskelfasern gestört

Gleichzeitig greift Sorafenib in die epigenetische Regulation in muskelspezifischen Genen ein. Die Forschenden haben einen ungewöhnlichen molekularen Mechanismus in der Transkription aufgedeckt. Dieser führt zu einer gestörten Ausbildung der Skelettmuskelfasern. Außerdem verändert Sorafenib die Mitochondrien in den Muskeln, so dass diese Kraftwerke der Muskelzellen nicht mehr genügend Energie für die Muskelarbeit liefern können.

Die Forschenden untersuchten auch die zur gleichen Klasse zählenden Medikamente Nilotinib und Imatinib. Nilotinib wird insbesondere bei Chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) eingesetzt, Imatinib etwa zur Behandlung von Akuter lymphatischer Leukämie (ALL) und Gastrointestinaler Stromatumoren (GIST).

„Interessanterweise zeigten diese beiden Tyrosinkinase-Inhibitoren keinen ähnlichen Einfluss auf die Funktion der Muskelzellen“, erläutert Nayak. „Die detaillierten Erkenntnisse aus unserer Studie bilden den Hintergrund und den Rahmen für ähnliche zukünftige Untersuchungen zur Feinabstimmung der chemotherapeutischen Behandlung.”

PD Dr. Arnab Nayak. Foto: ©Karin Kaiser/MHH

Die richtige Auswahl von Medikamenten mit minimalen Nebenwirkungen oder potenziell schädlichen Auswirkungen, denen entgegengewirkt werden kann, sei nur mit dem Wissen über die zugrundeliegenden betroffenen Signalwege möglich. Daher seien die Auswirkungen dieser Erkenntnisse für die Entwicklung ausgewogener Kombinationstherapien für Betroffene zur Verbesserung der Behandlung von unmittelbarer Bedeutung. Dennoch sei Sorafenib derzeit eines der besten Therapeutika zur Behandlung von HCC und RCC. „Unsere Ergebnisse haben jedoch das Potenzial, neue Therapieschemata zu entwickeln, um die Chemotherapie-induzierte Kachexie zu minimieren“, unterstreicht Nayak.